Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
2.4.2.1 Vorliegen eines Gewerbebetriebs
Rz. 122
Nach § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Besteuerung nach der Tonnage ausschließlich solchen Gewerbebetrieben vorbehalten, welche den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Zweck haben. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebs i. S. d. § 5a EStG ist ein gewerbliches Unternehmen entsprechend der Definition nach § 15 Abs. 2 EStG zu verstehen. Vorausgesetzt wird folglich eine selbstständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird und keine Verwaltung privaten Vermögens darstellt. Ob eine originäre gewerbliche Tätigkeit zwingend notwendig ist oder die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft hingegen ausreicht, ist umstritten.
2.4.2.2 Geschäftsleitung im Inland
Rz. 123
Notwendige Voraussetzung für die Gewinnermittlung nach der Tonnage ist zudem das Vorliegen eines Gewerbebetriebs mit inländischer Geschäftsleitung. Der Ort der Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Auch im Rahmen eines Schifffahrtsbetriebs ist dies der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird, folglich die für die laufende Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden. Hierzu gehören auch solche Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören. D.h., entscheidend ist der Ort, an dem die Abwicklung der Tagesgeschäfte erfolgt. Erfolgen diese Tätigkeiten an verschiedenen Orten, so ist der BFH-Rechtsprechung folgend eine normative Gewichtung vorzunehmen, um den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu bestimmen. Hierbei genügt die Ausübung von 60 % der Tätigkeiten an einem Ort, um dort die geschäftliche Oberleitung zu begründen.
Rz. 124
Die Merkmale zur Ermittlung des Mittelpunkts der geschäftlichen Oberleitung eines Schifffahrtsbetriebs wurden durch den BFH näher definiert. Demnach gehören bei einem Schifffahrtsunternehmen
- die Abwicklung von Charterpartien oder anderer Verträge, die die Beschäftigung des Schiffes betreffen,
- die Einstellung und Bereitstellung von Besatzungen inklusive aller Maßnahmen, die der Durchführung und Abwicklung aller Arbeitsverhältnisse dienen,
- die Verproviantierung und Ausrüstung,
- der Abschluss von Bunker- und Schmierölverträgen,
- die Ernennung von Schiffsagenten,
- die Abwicklung des Ladens und Löschens des Schiffes,
- das Abschließen sämtlicher Schiffsversicherungen,
- das Bearbeiten von Versicherungsfällen, Havarien, Bergungen,
- das Inkasso aller Frachteinnahmen und
- Zahlungen aller Aufwendungen sowie die Befrachtung
zu den Aufgaben des Managers. Auf die strategischen und wirtschaftlich bedeutsamen Entscheidungen kommt es daher nicht an. Entscheidend ist der Ort, an dem die operativen Entscheidungen über den Einsatz des Schiffes (Tagesgeschäft) getroffen werden.
Rz. 125
Der Begriff des Inlands folgt aus § 1 EStG.
2.4.2.3 Bereederung im Inland
Rz. 126
Neben einer Geschäftsleitung im Inland hat gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG ebenso die Bereederung als selbstständiges Besteuerungsmerkmal im Inland zu erfolgen. Der Begriff der Bereederung wird im EStG nicht näher konkretisiert, umfasst i. d. R. jedoch die allgemeine Geschäftsbesorgung des Schiffsbetriebs in kommerzieller, technischer und personeller Hinsicht. Hierzu zählen insbesondere Vertragsabschlüsse betreffend das Schiff und die Mannschaft, die Ausrüstung sowie die Verproviantierung, die Befrachtung wie auch die Rechnungslegung. Die Bereederung umfasst somit vornehmlich die strategische und wirtschaftliche Verwaltung des Schiffes, wodurch sich zwangsläufig Gemeinsamkeiten mit der Tätigkeit der Geschäftsleitung ergeben können. In welchem Umfang diese Tätigkeiten im Ausland vorgenommen werden können, ohne das Erfordernis des Inlandsbezugs zu verletzen, ist strittig. Die Bereederung kann unterdessen vom Schiffseigentümer (Reeder, § 47...