Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
Rz. 238
Die unterschiedlichen Gewinnermittlungsarten in § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG und § 4 Abs. 3 EStG können, bezogen auf einzelne Wirtschaftsjahre, aufgrund ihrer unterschiedlichen Systematiken – im Betriebsvermögensvergleich erfolgt im Wesentlichen eine periodengerechte Erfolgsabgrenzung anhand von Aufwendungen und Erträgen, während die Einnahmenüberschussrechnung dem Zufluss-/Abflussprinzip entsprechend auf die Rechnungsgrößen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zurückgreift – zu abweichenden Periodengewinnen führen. Der über die Gesamtlebensdauer eines Unternehmens erwirtschaftete Totalgewinn ist aber unabhängig von der Gewinnermittlungsart immer identisch, da sich Unterschiede lediglich im Zeitpunkt der Realisierung, nicht aber in der Höhe des Erfolgs bemerkbar machen.
Rz. 239
Um bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart zu gewährleisten, dass sich dieser Totalgewinn nicht aufgrund einer etwaigen Doppel- oder Nichtberücksichtigung einzelner Geschäftsvorfälle verändert, und so dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit bzw. Gerechtigkeit der Besteuerung Rechnung zu tragen, ist es notwendig, Korrekturen durchzuführen, die sicherstellen, dass jeder Geschäftsvorfall steuerlich genau einmal erfasst wird. Um dies zu erreichen sind Korrekturposten in Form von Zu- und Abschlägen zu bilden, die eben diesem Erfordernis gerecht werden. Eine Aufdeckung stiller Reserven erfolgt in diesem Zusammenhang allerdings nicht.
Rz. 240
Der aufgrund der vorzunehmenden Zu- und Abschläge entstehende Übergangsgewinn oder -verlust ist Teil des laufenden Gewinns des Übergangsjahres – dies gilt auch im Fall der Betriebsveräußerung. Das Übergangsergebnis ist grundsätzlich mit dem laufenden Ergebnis im ersten Jahr der neuen Gewinnermittlungsart zu verrechnen und zu versteuern, wobei die Korrekturen außerbilanziell und somit von der eigentlichen Gewinnermittlung getrennt vorzunehmen sind. Um dabei eventuell entstehende Härten auszugleichen, sehen sowohl die Finanzverwaltung als auch die Rechtsprechung die Möglichkeit vor, den entstehenden Übergangsgewinn auf Antrag bei einem Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich auf einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren zu verteilen. Damit soll insbesondere die Liquidität betroffener Unternehmen geschont werden. Beim umgekehrten Fall, dem Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmenüberschussrechnung, ist eine derartige Verteilung des Übergangsgewinns nicht möglich; ebenso ist die Verteilung eines Übergangsverlusts ausgeschlossen.
Rz. 241
Die bei der Gewinnkorrektur vorgenommenen Zu- und Abschläge müssen so bemessen sein, dass der sich ergebende Totalgewinn, der sich nach dem Wechsel der Gewinnermittlungsart einstellt, mit dem Gewinn übereinstimmt, der ermittelt würde, wenn der Steuerpflichtige von Anfang an die neue Gewinnermittlungsart gewählt hätte.
Dazu muss die Bewertung der einzelnen Vermögensposten und Geschäftsvorfälle nach der neuen respektive der alten Gewinnermittlungsmethode überprüft und die dabei offengelegten Abweichungen korrigiert werden.
Rz. 242
Jeder noch nicht abgeschlossene Geschäftsvorfall sowie jede bilanzierte oder zu bilanzierende Aktiv- oder Passivposition ist im Zeitpunkt des Übergangs hinsichtlich der folgenden Fragen zu überprüfen:
- Welche Gewinnauswirkung sieht das Gesetz insgesamt vor?
- Welche Gewinnauswirkung ist nach der bisher angewandten Methode bereits eingetreten?
- Welche Gewinnauswirkung tritt nach der neuen Gewinnermittlungsart unabhängig von Zu- und Abrechnungen ein?