Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig oder gerät sie in den Status der Überschuldung, hat der Geschäftsführer nach § 15a Abs. 2 InsO ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 3 Wochen nach Einritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. 6 Wochen nach Überschuldung zwingend einen Insolvenzantrag zu stellen. Ein Verstoß hiergegen stellt eine strafrechtlich relevante Insolvenzverschleppung dar. Liegt hingegen nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor, kann Insolvenzantrag gestellt werden, muss aber nicht.
1.2.1 Insolvenzreife
Zahlungsunfähigkeit besteht, wenn die Gesellschaft voraussichtlich dauernd und nicht nur vorübergehend außer Stande ist, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen und deshalb fällige Zahlungspflichten nicht erfüllt (vgl. § 17 Abs. 2 InsO). Diese Definition hat der BGH in ständiger Rechtsprechung mit Leben gefüllt und bestimmt, dass von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, wenn eine innerhalb von 3 Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von 10 % oder mehr besteht und nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.
Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich, dies im Prognosezeitraum von 12 Monaten (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO n. F.). Die Überschuldung ist mit einer speziellen Überschuldungsbilanz festzustellen, die im Verhältnis zu einer Jahresbilanz Besonderheiten aufweist und deshalb vom insoweit unkundigen Geschäftsführer am besten in die Hände eines dafür Sachverständigen gegeben wird. Außerdem bedarf es neben der Überschuldungsbilanz einer Liquiditätsprognose für die kommenden 12 Monate, also den Prognosezeitraum, es muss abgeschätzt werden, welche Zahlungseingänge und welche Zahlungsabflüsse erfolgen.
Unverzügliche Einschaltung eines Beraters bei Unsicherheit
Hat der Geschäftsführer selbst keine ausreichenden persönlichen Kenntnisse, um zu entscheiden, ob er Insolvenzantrag stellen muss oder nicht, hat er sich bei Anzeichen einer Krise der Gesellschaft unverzüglich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person beraten zu lassen. Nach Auftragserteilung muss er auf die unverzügliche Vorlage des Prüfungsergebnisses hinwirken. Der Einschätzung der sachverständigen Person muss sodann eine eigene Plausibilitätsprüfung folgen, die das Ergebnis bestätigt. Erst dann darf dem Rat gefolgt werden.
Der folgende Überblick zeigt Ihnen die einzelnen Schritte des Insolvenzverfahrens:
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1.2.2 Antragsfrist
Ob die Frist des § 15a InsO erst bei positiver Kenntnis, bei Kennenmüssen oder unabhängig von subjektiven Merkmalen zu laufen beginnt, ist umstritten. Die wohl überwiegende Ansicht geht von tatsächlichen Umständen, Fakten und Zahlen für den Insolvenztatbestand aus, die i. S. einer offensichtlichen Erkennbarkeit objektiv zu Tage gelegen haben.
Die 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit bzw. 6 Wochen bei Überschuldung sind eine maximale Höchstfrist. Sie dürfen nur ausgeschöpft werden, wenn noch bis zu ihrem Ablauf die Kriterien für die Unverzüglichkeit erfüllt sind. Versprechen Sanierungsbemühungen von vornherein oder unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen keine Aussicht auf Erfolg, muss die Antragsstellung umgehend erfolgen. Umgekehrt kann eine etwa bestehende konkrete Erfolgsaussicht nicht zu einer Verlängerung der Frist führen, so dass eine Abwendung der Insolvenz durch Sanierung innerhalb von maximal 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit und 6 Wochen bei Überschuldung abgeschlossen sein muss.
1.2.3 Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach Stellung des Insolvenzantrags
Nachdem der Insolvenzantrag gestellt ist, muss der Geschäftsführer allen Verfahrensbeteiligten Rede und Antwort stehen, er hat weitreichende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Im Interesse der Gläubigergemeinschaft müssen Geschäftsführer sogar Tatsachen offenbaren, die eine Forderung gegen sie selbst begründen. Vom Geschäftsführer darf jedoch nicht verlangt werden, dass er seine persönlichen finanziellen Verhältnisse offenlegt, etwa um prüfen zu können, ob eine Forderung ihm gegenüber werthaltig ist.