1 Überblick über die einzelnen Kompetenzen
1.1 Strukturentscheidungen
Die Gesellschafterversammlung legt in der Satzung den Zweck und den Gegenstand des Unternehmens fest, sie ist für jede Änderung der Satzung und damit insbesondere für die Strukturentscheidungen zuständig. Der Abschluss von Unternehmensverträgen und die Vornahme von Umwandlungsentscheidungen, z. B. Fusionen, Ausgliederungen, Rechtsformwechsel ist ebenfalls nur unter Mitwirkung der Gesellschafterversammlung statthaft.
1.2 Finanzierungsverantwortung
Die Gesellschafter haben die Finanzierungsverantwortung, d. h. sie entscheiden über die Ausstattung der Gesellschaft mit dem notwendigen (Eigen-)Kapital, etwa über die Frage, ob, wann und in welcher Höhe die ausstehenden Einlagen einzuzahlen sind. Erweist sich das Stammkapital als unzureichend, beschließen die Gesellschafter eine Kapitalerhöhung, ggf. durch Aufnahme neuen Kapitals durch weitere Gesellschafter. Die Gesellschafterversammlung kann stattdessen auch die Einzahlung von Nachschüssen oder die Zuführung von Mitteln in die Kapitalrücklage festlegen. Mit diesen Mitteln sind keine neuen Gesellschafterrechte verbunden. Alternativ oder kumulativ können sich die Gesellschafter auch dafür entscheiden, der Gesellschaft Fremdkapital durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen zuzuführen. Die Aufnahme von Krediten bei Dritten fällt zwar im Außenverhältnis in die Zuständigkeit der Geschäftsführer, im Innenverhältnis entscheiden jedoch häufig die Gesellschafter, ob sie mit der beabsichtigten Darlehensbeschaffung einverstanden sind. Sie können derartige Entscheidungen jederzeit im Innenverhältnis an sich ziehen. Auch wenn die Gesellschafter die Finanzierungsverantwortung haben, bedeutet dies nicht, dass sie ohne gesonderte Verpflichtung der Gesellschaft Liquidität zuführen müssen. Diese Pflicht entsteht erst dann, wenn Nachschüsse vereinbart werden, eine Kapitalerhöhung beschlossen wird und die Gesellschafter die neuen Anteile zeichnen oder wenn sie sich sonst zur Zuführung z. B. einer Kapitalrücklage oder eines Darlehens (ggf. mit Rangrücktritt gegenüber der Gesellschaft) verpflichten.
1.3 Weisungs- und Bestellungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung
Die Einflussnahme auf die Geschäftsführung ist eine besonders wichtige Funktion der Gesellschafterversammlung. Sie bestellt die Geschäftsführer, ruft sie ab, schließt mit ihnen die Anstellungsverträge, überwacht sie und erteilt ihnen Weisungen. Gerade das Recht, Weisungen zu erteilen, ermöglicht es den Gesellschaftern den Gang der Geschäfte zu bestimmen. Soweit Weisungsbeschlüsse erteilt werden, müssen die Geschäftsführer dieselben ausführen, auch wenn sie mit ihnen inhaltlich nicht einverstanden sind. Dafür haften die Geschäftsführer aber auch nicht gegenüber der GmbH, wenn sich die Ausführung einer Weisung als für die Gesellschaft nachteilig erweist. Statt einer Weisung (oder auch zusätzlich zu dieser) kann die Gesellschafterversammlung auch einen "Zustimmungskatalog" von Geschäften oder Maßnahmen festlegen, die die Geschäftsführer erst nach Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung vornehmen dürfen. Auch hier tritt im Gegenzug eine Haftungsentlastung wegen der aus diesen Geschäften resultierenden Nachteile ein, allerdings nur, wenn die Geschäftsführer die Gesellschafter vorher umfassend über das beabsichtigte Geschäft informiert haben. Verschweigen die Geschäftsführer den Gesellschaftern Risiken, von denen sie Kenntnis haben, und legen sie das Geschäft der Gesellschafterversammlung zur Zustimmung vor, dann haften die Geschäftsführer, wenn sich die Risiken des Geschäfts realisieren – jedenfalls dann, wenn die Gesellschafter in Kenntnis der Risiken dem Geschäft nicht zugestimmt hätten.
Verschwiegene Insolvenz
Die GmbH ist als Bauträgerin tätig. Sie verkauft Wohnungen in von ihr schlüsselfertig zu errichtenden Häusern. Sie benötigt für ein neues Projekt einen Generalunternehmer. Daher schlägt der Geschäftsführer G der Gesellschafterversammlung vor, man möge H nehmen. Hierbei verschweigt G allerdings, dass H gerade ein Insolvenzverfahren durchlaufen hat und ihm erst vor 2 Monaten Restschuldbefreiung erteilt wurde. Da der Abschluss eines Generalunternehmervertrags laut Satzung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, holt der Geschäftsführer einen zustimmenden Beschluss ein. Der Generalunternehmer fällt während der Bauphase in die Insolvenz. Nunmehr erfahren die Gesellschafter von der Vergangenheit des Generalunternehmers. Die Beauftragung eines neuen Partners führt zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten, auch weil Gelder für Handwerker nicht weitergereicht wurden, die erst dann weiterarbeiten wollen, wenn sie für die bereits ausgeführten Arbeiten bezahlt werden. Den erheblichen Schaden soll G der GmbH ersetzen. Dieser beruft sich auf die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Beauftragung des H. Dieser Zustimmungsbeschluss wirkt hier indes nicht haftungsentlastend, weil die Gesellschafter nicht ausreichend von G informiert wurden.
1.4 Rechnungslegung und Ergebnisverwendung
Ein weiterer wichtiger Bereich der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung betrifft Aufgab...