Leitsatz
Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, kann er diese nicht in der Weise berichtigen, dass dem späteren Ausweis inländischer Umsatzsteuer Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, Art. 178 Buchst. a EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigte Klägerin wurde als Kapitalgesellschaft nach luxemburgischen Recht gegründet und gehörte zur Unternehmensgruppe der X. Sie bezog im Jahr 2012 von anderen gruppenangehörigen Unternehmen, die im Inland ansässig waren, sonstige Leistungen, wobei die Beteiligten von einer Leistungserbringung am Empfängerort in Luxemburg ausgingen und Rechnungen ohne Steuerausweis erteilt wurden. Demgegenüber ging das FA von einer Ansässigkeit der Klägerin im Inland aus. Daher wurden im Jahr 2016 berichtigte Rechnungen mit Steuerausweis erteilt. Die Klägerin machte den Vorsteuerabzug bereits für 2012 geltend. Dem folgte das FA nicht. Demgegenüber gab das FG der Klage statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.9.2020, 11 K 324/19, Haufe-Index 14255136, EFG 2021, 76).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. Der BFH hält weiter daran fest, dass eine fehlerhafte Ausgangsrechnung mit Rückwirkung in der Weise berichtigt werden kann, dass der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug bereits mit der (fehlerhaften) Inrechnungstellung in Anspruch nehmen kann, wenn die zu berichtigende Ausgangsrechnung bestimmten Mindestanforderungen in Bezug auf Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen USt entspricht.
2. Der BFH verweist hierzu ergänzend darauf, dass die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erst möglich ist, sobald der Steuerpflichtige im Besitz einer Rechnung ist, wobei ein Dokument keine "Rechnung" ist, wenn es so fehlerhaft ist, dass der nationalen Steuerverwaltung die erforderlichen Angaben fehlen.
Zudem kann ein Steuerpflichtiger nicht beanspruchen, einen Steuerbetrag abzuziehen, der ihm nicht in Rechnung gestellt wurde. Letzteres beinhaltet aus Sicht des BFH auch eine zeitliche Komponente. Denn wird der Abzug des Steuerbetrags an dessen Inrechnungstellung gekoppelt, kann dieser Steuerausweis nicht in der Weise mit Rückwirkung erfolgen, dass er einen Vorsteuerabzug für einen Zeitraum vor dem Vorliegen dieses Steuerausweises begründet.
3. Die Entscheidung des BFH betrifft den Sonderfall, dass Leistender und Leistungsempfänger von einer im Ausland erbrachten Leistung ausgehen, diese Annahme sich als fehlerhaft herausstellt und die zunächst nach ausländischem Recht erteilte Rechnung um einen inländischen Steuerausweis ergänzt wird. Eine Berichtigung mit Rückwirkung ist hierin nicht zu sehen. Damit bleibt offen, ob es bei den bisherigen Anforderungen für eine rückwirkende Rechnungsberichtigung auch für Inlandssachverhalte bleibt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.7.2022 – V R 33/20