Markus Kirchmann, Florian Werner
Die zentrale Herausforderung der Finanzorganisation im Spannungsfeld aus Qualität, Flexibilität und Effizienz besteht darin, die Group-Reporting-Architektur derart zu gestalten, dass hohe Effizienz durch Standardisierung erreicht und die Anforderungen an Detaillierung und Qualität der Daten erfüllt werden. Gleichzeitig fordern die sich immer schneller verändernden Märkte eine hohe Adaptionsfähigkeit von Unternehmen.
- Das führt einerseits zu häufigeren Veränderungen in der Konzernstruktur, da neue Beteiligungen erworben und integriert werden oder mit der Aufgabe bestehender Geschäftsmodelle Unternehmen aus dem Konzernverbund ausscheiden.
- Andererseits muss sich auch die Unternehmenssteuerung dieser Dynamik stellen. Managementstrukturen verändern sich häufiger, indem z. B. Geschäftsfelder getrennt oder zusammengelegt oder Zuständigkeiten im Management neu verteilt werden.
Dieser Veränderungsdynamik müssen Controlling und Reporting immer schneller gerecht werden. Es geht darum, Strukturveränderungen schnell und effizient abzubilden und die Effekte dieser Maßnahmen in Vergangenheit und Zukunft zu projizieren. Neue Akquisitionen sollen umgehend und in hoher Qualität integriert werden, sodass auch ohne eine vorhergehende zeitaufwendige Harmonisierung der Inhalte und Strukturen der neuen Konzerneinheit die Berichtsfähigkeit für das Management des Gesamtkonzerns sichergestellt ist. Dabei steigen mit zunehmendem Integrationsgrad die Anforderungen an die Meldedaten des zugrundeliegenden Harmonisierungsgrads, sodass ein grundsätzlicher Zielkonflikt resultiert, der kaum lösbar scheint.
Die skizzierten Sachverhalte treffen je nach Unternehmen in unterschiedlicher Härte zu. Tendenziell sind Veränderungen im Stammhauskonzern mit einem primären Geschäftsmodell weniger häufig und oft auch weniger zeitkritisch. Unternehmen, die sich jedoch in einem starken volatilen Umfeld bewegen und mehrere Geschäftsmodelle betreiben, trifft der Zielkonflikt aus Effizienz, Integration und Flexibilität häufig stärker. Eine vollständige Lösung dieses Zielkonflikts ist nicht möglich, sehr wohl können jedoch Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die negativen Effekte möglichst weit zu minimieren und die Stabilität des Gesamtsystems nicht zu gefährden. Idealerweise greifen die Ansätze sowohl in der Architektur als auch im Einsatz geeigneter Softwareprodukte.
Maßnahmen zur Flexibilisierung
Eine zentrale Maßnahme zur Flexibilisierung ist es, Sollbruchstellen in der Group-Reporting-Architektur vorzusehen. Auf Ebene der Vorsystemanbindung kann eine standardisierte Importschnittstelle dazu genutzt werden, Meldedaten aus Fremdsystemen für das Group Reporting verfügbar zu machen. Die Anforderungen an den Integrationsgrad der über diese Meldestrecke zugeführten Daten sollte dabei mit Bedacht gewählt werden. Grundsätzlich genießt die Sicherstellung der zeitnahen Berichtsfähigkeit hier eine hohe Priorität, sodass in der Regel eher geringe Anforderungen an die Meldedaten gestellt werden sollten.
Sollen die neuen Akquisitionen langfristig im Konzern verbleiben, schließen sich mittelfristig Maßnahmen an, um diese Gesellschaft auf den im Konzern angestrebten Harmonisierungsgrad zu heben. Diese Maßnahmen greifen in der Regel bereits auf ERP-Ebene und je nach Architekturvariante und angestrebtem Integrationsgrad (s. o.) unterschiedlich intensiv. Nach Abschluss der Harmonisierungsmaßnahmen wechseln die Gesellschaften dann auf das Standard-Meldeverfahren. Gesellschaften, die nur temporär in den Konzernverbund aufgenommen werden, verbleiben bis zu ihrem Austritt auf der skizzierten zweiten Meldestrecke, mit der Konsequenz, dass keine detaillierten Informationen im Group Reporting verfügbar sind oder diese über separate Berichte außerhalb des Group-Reporting-Systems dem Management zugeführt werden müssen. Im Gegenzug stehen die wichtigsten Informationen für die Finanzberichterstattung im Konzern umgehend zu geringen Initialisierungskosten bereit.
Abb. 2: Vorsystemanbindung über separaten Meldeweg
Manuelle Korrekturen des Datenbestands
Eine zweite Sollbruchstelle kann für manuelle Korrekturen des Datenbestands vorgesehen werden. Eine standardisierte Schnittstelle ermöglicht die Überwachung und Nachvollziehbarkeit der Eingriffe. Häufig nehmen Unternehmen manuelle Korrekturen außerhalb der Systeme direkt in den Berichten vor, sodass eine Qualitätssicherung dieser Eingriffe kaum möglich ist. Zudem müssen solche Berichtsanpassungen häufig in den Folgeperioden fortgeführt werden. Durch Integration der Änderungen in die Datenhaltung des Group Reporting kann eine Fortschreibung automatisch erzielt werden. Ein zentraler überwachter Mechanismus mit Ausweis der durchgeführten Änderungen (sog. Audit-Trail) ermöglicht eine hohe Flexibilität bei gleichzeitiger Transparenz.
Zentralisierte Architekturen mit zentralem EDWH bieten dabei die besten Rahmenbedingungen zur Realisierung dieser Lösung. Bei einer stark dezentralen Datenhaltung besteht die Herausforderung, die Anpassungen in alle...