Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
Rz. 157
Grundsätzliches
Wer ein bebautes Grundstück erwirbt, muss den Kaufpreis aufteilen in Anschaffungskosten für den Grund und Boden und Anschaffungskosten des Gebäudes. Dabei sind zunächst die Boden- und Gebäudewerte gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in den Anschaffungskosten für den Grund- und Boden sowie den Gebäudeteil aufzuteilen. Bei der Erstbewertung erfolgt die Aufteilung des Gesamtkaufpreises grundsätzlich nach dem Kaufvertrag. Liegen Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch oder eine Scheinbestimmung vor oder sind die vertraglich geregelten Aufteilungsregeln wirtschaftlich nicht haltbar, ist die vertragliche Einigung über die Aufteilung steuerlich nicht bindend. In diesem Fall erfolgt die Aufteilung des Gesamtkaufpreises im Betriebsvermögen grundsätzlich nach dem Verhältnis der Teilwerte und im Privatvermögen nach dem Verhältnis der Verkehrswerte. Als Grundlage für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grund und Boden kann die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) dienen. Nach § 6 Abs. 1 ImmoWertV sind für Wertermittlung das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren, das Sachwertverfahren oder mehrere dieser Verfahren heranzuziehen. Die Wahl des geeigneten Verfahrens ist abhängig von der Art des Objekts, den bestehenden Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr und den sonstigen Umständen des Einzelfalls. Die drei Verfahren sind als einander gleichwertig anzusehen.
Wird das Gebäude unterschiedlich genutzt, sind gemäß R 4.2 Abs. 6 EStR die Anschaffungskosten des Gebäudes i. d. R. weiterhin im Verhältnis der Nutzfläche auf die Gebäudeteile aufzuteilen.
Rz. 157a
Das BMF stellt auf seiner Website eine Arbeitshilfe für die Kaufpreisaufteilung zur Verfügung. Mit dieser Arbeitshilfe kann unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtssprechung und der vorstehenden Grundsätze der Verkehrswertermittlung eine Kaufpreisaufteilung selbst vorgenommen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung geprüft werden. Da die Arbeitshilfe vom BFH für die Kaufpreisaufteilung als rechtswidrig eingestuft wurde, veröffentlichte das BMF im Jahr 2021 eine neue, überarbeitete Arbeitshilfe. Während die vorangegangene Version der Arbeitshilfe nur auf das vereinfachte Sachwertverfahren abstellte, erklärt die neue Arbeitshilfe alle drei Kaufpreisaufteilungsmethoden des ImmoWertV als zulässig und gleichwertig. Das BMF gibt dabei die folgende Methodenreihenfolge vor:
- Vergleichswertverfahren,
- Ertragswertverfahren und schließlich
- Sachwertverfahren.
Von der beschriebenen Methodenfolge kann abgewichen werden, wenn ein begründeter Ausnahmefall besteht.
Rz. 158
Bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises von bebauten Gebäuden nach dem Verhältnis der Teilwerte sind nach der Rechtsprechung des BFH zunächst sowohl der Boden- als auch der Gebäudewertanteil gesondert zu bewerten und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile, d. h. der Teilwerte, aufzuteilen.
Rz. 159
Es sind also nach dem Grundsatz der Einzelbewertung – unabhängig vom gezahlten Kaufpreis – Teilwerte für den Grund und Boden einerseits und das Gebäude sowie ggf. die Außenanlagen andererseits zu ermitteln. Dann werden die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis dieser fiktiven Werte zueinander in Anschaffungskosten für den Grund und Boden und für den Gebäudeanteil aufgeteilt.
Rz. 160
Die Aufteilung eines auf Grund und Boden und aufstehende Gebäude, die zum Betriebsvermögen gehören, entfallenden Gesamtkaufpreises hat nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu erfolgen. Dies gilt mit der Maßgabe, dass es auch für zum Privatvermögen gehörende Wirtschaftsgüter (Grund und Boden einerseits, Gebäude andererseits) auf die Verkehrswerte ankommt.
Rz. 161
Bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kann es sich immer nur um eine Schätzung handeln, die das Finanzamt auf Angemessenheit überprüfen kann. Das Finanzamt kann die Schätzung wohl nur dann ändern, wenn die vom Steuerpflichtigen vorgenommene Aufteilung außerhalb des möglichen Schätzungsrahmens liegt.
Rz. 162
vorläufig frei
Rz. 163
Enthält ein Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises, ist dieser vertraglich vereinbarten Aufteilung zu folgen, solange sie wirtschaftlich vernünftig und nicht willkürlich erscheint. Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten stellt dabei keine Rechtfertigung für den Ansatz dieser oder einer Schätzung der auf den Grund und Boden entfallenden Anschaffungskosten dar. Dennoch handelt es sich dabei um ein Indiz, dass die vertragliche Aufteilung den realen Wert ggf. nicht wiedergibt. Der Grundsatz der Einzelbewertung gilt auch bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern und bei gemischten Schenkungen.
Rz. 164
Steuerlich nicht maßgebend ist jedoch eine Einigung, die nicht von den gegensätzlichen Interessen geprägt ist, sondern von dem Bestreben, einem Vertragspartner einen möglichst großen Steuervorteil zukommen zu lassen. Beim verbil...