Leitsatz
1. Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.
2. Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Dazu können auch Forstbäume zählen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG, § 94 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger unterhält einen forstwirtschaftlichen Betrieb. Er pflegte kontinuierlich forstlich bewirtschaftete Flächen zu erwerben, um fällreife Bäume abzuholzen und entsprechend neue Bäume anzupflanzen. Im Jahre 2018 erwarb er mit einem einheitlichen Vertrag von derselben Veräußerin mehrere Waldgrundstücke in verschiedenen Gemeinden. Auch bei diesen Grundstücken hatte zum Zeitpunkt der Aufforstung bereits festgestanden, dass die gepflanzten Bäume bei Hiebreife abgeholzt werden sollten. Zum Ankaufszeitpunkt wiesen die Flächen teilweise hiebreife Bestände auf. Vom Gesamtkaufpreis sollte ein vertraglich bestimmter Teilbetrag auf den "Aufwuchs" und der Rest auf den Grund und Boden entfallen.
Das FA, in dessen Zuständigkeitsbereich der wertvollste Bestand an Grundstücken belegen war, stellte für die einzelnen Grundstücke die jeweilige Gegenleistung gemäß § 17 Abs. 2 Alternative 2 GrEStG gesondert fest. Die Summe der Gegenleistungen entsprach dem Gesamtkaufpreis. Das FA nahm dabei an, dass der Wald wesentlicher Bestandteil des jeweiligen Grundstücks i.S.v. § 94 BGB sei.
Die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Einbeziehung des Kaufpreisanteils für den Aufwuchs in die Gegenleistung wandte, hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG wird aus der Struktur und Lage der erworbenen Flächen deutlich, dass die Bäume zum Zwecke einer späteren Ernte angepflanzt worden und deshalb Scheinbestandteile i.S.d. § 95 BGB seien (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.5.2019, 7 K 3217/18 GE, Haufe-Index 13385402, EFG 2019, 1547).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA zurück. Der auf den Baumbestand entfallende Kaufpreisanteil sei nicht in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) seien die Bäume bereits bei Pflanzung zur Abholzung und damit zur Entfernung von den Grundstücken bestimmt und somit Scheinbestandteile der Grundstücke gewesen.
Hinweis
1. Bemessungsgrundlage der GrESt ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung für das Grundstück. Bei einem Grundstückskauf (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören zur Bemessungsgrundlage der GrESt alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die kein Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, denn es können nur solche Leistungsverpflichtungen des Erwerbers Gegenleistung sein, die dieser um des Grundstückserwerbs willen zu erbringen hat.
2. Unter Grundstück i.S.d. GrEStG ist das Grundstück i.S.d. bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG).
a) Grundstück in diesem Sinne ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf die Art seiner Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Es umfasst nach §§ 94, 95 BGB auch seine wesentlichen Bestandteile, soweit es sich nicht um Scheinbestandteile handelt.
b) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, darunter auch die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufstehende Gehölze sind deshalb im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweitig vorgezogen und eingepflanzt worden sind.
c) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), die sog. Scheinbestandteile. Die Vorschrift schränkt den Anwendungsbereich des § 94 BGB ein.
Eine Verbindung erfolgt zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgeblich ist der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache. Dieser muss allerdings mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einkla...