Kommentar
Beim Übergang eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand wird Grunderwerbsteuer in Höhe desjenigen Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist ( § 5 Abs. 2 GrEStG ). Voraussetzung ist hierfür nach ständiger Rechtsprechung, daß sich die uneingeschränkte Berechtigung des bisherigen Allein eigentümers am Grundstück in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen fortsetzt . Diese Voraussetzung wird trotz formaler Beteiligung des Grundstücksveräußerers am Vermögen der Gesamthand dann nicht bejaht, wenn und soweit der bisherige Alleineigentümer entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Grundstücksübergang seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt (BFH, Urteil v. 16. 1. 1991, II R 38/87, BStBl 1991 II S. 374).
In dem nunmehr vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall hatte die OHG A & Co. im Juli 1988 ein Grundstück in Berlin an eine GbR veräußert, an der dieselben Gesellschafter wie an der OHG , und zwar im gleichen Verhältnis beteiligt waren. Nach einem Angebotsprospekt von November 1988 sollte durch die GbR auf dem genannten Grundstück ein Mehrfamilienhaus errichtet werden. Das hierfür erforderliche Eigenkapital sollte durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter in die GbR beschafft werden. Zwischen Ende Oktober und Ende November 1988 verringerte sich durch die Aufnahme neuer Gesellschafter die Beteiligung der Gründungs gesellschafter an der GbR auf rund 2,7% . Weil nur in dieser Höhe eine dauernde Beteiligung der Gründungsgesellschafter an der GbR geplant und realisiert worden war, wurde die Vergünstigung des § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 GrEStG nur in dieser Höhe (2,7% der Bemessungsgrundlage) vom Finanzamt gewährt.
Klage und Revision hatten keinen Erfolg.
Der BFH entschied, daß der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer grundsätzlich unterliegende Erwerb des Grundstücks durch den Vertrag vom Juli 1988 nur in Höhe von rund 2,7% der Bemessungsgrundlage von der Grunderwerbsteuer ausgenommen ist (§ 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 GrEStG).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.04.1996, II R 52/93
Zur Erläuterung:
Der BFH stellte entscheidend darauf ab, daß die Vergünstigung des Erwerbs von Grundstücken beim Übergang von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand voraussetzt, daß die Berechtigung der Gesamthänder am gesamthänderisch gebundenen Vermögen in beiden Gesamthandsgemeinschaften übereinstimmt . Denn die Steuervergünstigung ( § 5 Abs. 2 GrEStG ) beruht auf der Erwägung, daß trotz des Rechtsträgerwechsels eine Besteuerung in dem Umfang unterbleiben soll, in dem sich die Berechtigung an dem Grundstück fortsetzt , weil die Änderung der Rechtszuständigkeit wirtschaftlich zu keiner Änderung führt. Dies ist aber nur insoweit der Fall, als die bisherigen Gesamthänder über ihre Gesamthandsberechtigung auch weiterhin am Grundstückswert beteiligt bleiben. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG u. a. dann nicht vor, wenn entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Gesamthänder ihre gesamthänderische Beteiligung völlig oder teilweise (unter Verminderung der Beteiligung) aufgeben oder sich ihre Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesamthänder verringert.
Grunderwerbsteuer