Leitsatz
1. Eine Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan stellt auf den dort benannten Wirkungszeitpunkt einen steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG dar.
2. Der maßgebende Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausführungsanordnung.
3. Unerheblich ist, ob eine Bindung der Beteiligten vorgelagert ist, sei es durch eine wirksame Planvereinbarung, sei es durch eine etwaige Unwiderruflichkeit der Zustimmung zur Übernahme von Land.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 1 und 2 Buchst. a, § 11 Abs. 1, § 14, § 23 GrEStG, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Nr. 1, § 44 Abs. 3, § 52, § 54 Abs. 2, § 60 Abs. 1 Satz 2, § 61 Satz 2, § 63 Abs. 1, §§ 129ff. FlurbG, § 38 AO
Sachverhalt
Der Kläger war Teilnehmer eines 2002 eingeleiteten Flurbereinigungsverfahrens. In der Verhandlung (§§ 129ff. FlurbG) vom 22.4.2009 über den Verkauf von Masseland wurde vereinbart, dass der Kläger Masseland gegen Mehrabfindung von 33.428 EUR erwirbt, die er am 1.11.2009 zu zahlen hatte. Die entsprechende Besitzeinweisung hatte bereits 2008 stattgefunden. Am 29.7.2016 ordnete die Flurbereinigungsbehörde die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans mit Wirkung zum 29.8.2016 an.
Das FA setzte für den Erwerb vom 29.8.2016 GrESt i.H.v. 1.671 EUR fest. Dem lag nach Abs. 2 GrEStFestG ND ein Steuersatz von 5 % auf der Bemessungsgrundlage von 33.428 EUR zugrunde. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger die Anwendung des im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes von 3,5 % begehrte, blieben erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.3.2019, 7 K 92/17, Haufe-Index 14268217).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Der Eigentumserwerb, den die zum 29.8.2016 wirksam gewordene Ausführungsanordnung bewirkt habe, sei im Umfang der Mehrabfindung auf diesen Zeitpunkt steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG und steuerpflichtig. Nach den maßgebenden Übergangsvorschriften sei der für diesen Zeitpunkt geltende Steuersatz anzuwenden.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit grunderwerbsteuerrechtlichen Fragen bei der Flurbereinigung. Die in dem Urteil entwickelten Grundsätze sind durch zwischenzeitliche Gesetzesänderungen teilweise überholt (s. unten 3.)
1. Das Flurbereinigungsverfahren dient der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).
a) Die Eigentümer der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke (Beteiligte am Verfahren nach § 10 Nr. 1 FlurbG) werden nach Maßgabe der §§ 44ff. FlurbG grundsätzlich mit gleichwertigem Land, mit Zustimmung auch in Geld abgefunden (§ 52 FlurbG). Vor Abschluss des Verfahrens können vorläufige Besitzeinweisungen vorgenommen werden (§§ 65ff. FlurbG). Während des Verfahrens (dazu §§ 109ff. FlurbG) finden Verhandlungen statt, über die Niederschriften aufzunehmen und von den Beteiligten zu genehmigen sind (§§ 129 bis 131 FlurbG). Der Flurbereinigungsplan fasst die Ergebnisse des Verfahrens zusammen (§§ 56ff. FlurbG). Wird aufgrund von Geldabfindungen oder werterhöhenden Verbesserungsmaßnahmen Land nicht mehr zur wertgleichen Abfindung benötigt, bestimmt der Flurbereinigungsplan über die Zuteilung (§ 54 Abs. 2 FlurbG).
b) Die Flurbereinigungsbehörde ordnet die Ausführung des Flurbereinigungsplans entweder nach dessen Unanfechtbarkeit oder vorzeitig an (§§ 61ff. FlurbG). Zu dem in der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Zeitpunkt tritt der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen (§ 61 Satz 2 FlurbG bzw. § 63 Abs. 1 i.V.m. § 61 Satz 2 FlurbG). Damit ist der Eigentumswechsel bewirkt. Das Grundbuch ist zu berichtigen (§§ 79, 80 FlurbG). Das Verfahren endet durch Schlussfeststellung (§§ 149ff. FlurbG).
2. Eine Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan stellt auf den dort benannten Wirkungszeitpunkt einen steuerbaren Erwerbsvorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG dar.
a) Sie bewirkt hinsichtlich des von ihr erfassten Landes einen Eigentumswechsel, der nach § 61 Satz 2 FlurbGkraft Anordnung eintritt. Einer Auflassung bedarf es nicht.
b) Dem Eigentumswechsel geht kein einen Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft voraus.
Der allgemeine Anspruch auf Abfindung in Land nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG verwirklicht noch keinen steuerpflichtigen Erwerbstatbestand. Bis zum Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens steht nicht fest, ob es überhaupt und ggf. in welchem Umfang zu einer Zuteilung von Land kommen wird. Auch eine vorläufige Besitzeinweisung vermittelt keine gesicherte Rechtsposition. Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG kann der Flurbereinigungsplan geändert werden, nach § 9 Abs. 1 Satz 1 FlurbG das gesamte Verfahren durch Einstellung beendet werden.
Dasselbe gilt, soweit der bisherige Eigentümer einer Abfindung in Geld zustimmt und seine Ansprüche auf Abfindung in Land auf den späteren Erwerber überträgt. Die in einer Verhandlungsniederschrift nach §§ 129ff. FlurbG erklärte Bereitschaft, Masseland gegen ein bestimmtes Entgelt zu übernehmen, begründet deshalb für sich allein k...