OFD Frankfurt, Verfügung v. 13.1.2015, S 4430 A - 21 - St 137

Genehmigungsbedürftige und aufschiebend bedingte Rechtsgeschäfte sowie aufschiebend bedingte und nachträglich vereinbarte Gegenleistungen

Bezug: Verfügung vom 19.11.2012, S 4430 A – 21 – St 121

Der erhöhte Steuersatz von 6 vom Hundert gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.7.2014 verwirklicht werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer an.

Für die Entscheidung, welcher Steuersatz für ein Rechtsgeschäft im Übergangszeitraum zwischen bisherigem und aktuellem Steuersatz Anwendung findet, ist deshalb der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs vom Zeitpunkt der Entstehung der Steuer zu unterscheiden.

Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 14 GrEStG):

Die Grunderwerbsteuer entsteht regelmäßig im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs. Bei Erwerbsvorgängen, die von dem Eintritt einer Bedingung abhängig sind oder noch einer Genehmigung bedürfen, entsteht die Grunderwerbsteuer gem. § 14 GrEStG jedoch erst mit dem Eintritt der Bedingung bzw. der Erteilung der Genehmigung, vgl. Pahlke, in Pahlke/Franz, GrEStG, 5. Auflage, § 14 Rz. 3.

Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs (§ 23 GrEStG):

Ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist nach dem BFH-Urteil vom 17.9.1986 (BStBl 1987, 35) verwirklicht, wenn die Beteiligten das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftlichen Erklärungen umgesetzt haben und deshalb im Verhältnis zueinander gebunden sind.

Daher kann der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgang (§ 23 GrEStG) vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 14 GrEStG) liegen, vgl. Pahlke, in Pahlke/Franz, GrEStG, 5. Auflage, § 23 Rz. 6.

Ergänzend zur o.g. Verfügung weise ich zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs bei bedingten bzw. genehmigungsbedürftigen Erwerbsvorgängen auf folgende Besonderheiten hin:

 

1. Bedingte bzw. genehmigungsbedürftige Erwerbsvorgänge i.S. des § 14 GrEStG

 

1.1 Aufschiebend bedingte Rechtsgeschäfte (§ 14 Nr. 1 GrEStG)

Bei Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung ist der Erwerbsvorgang bereits vor Eintritt der Bedingung mit dem im Übrigen wirksamen Vertrag verwirklicht, soweit nicht eine sog. Potestativbedingung vorliegt, vgl. Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, 17. Auflage, § 23 Rn. 29.

Eine Potestativbedingung ist gegeben, wenn bei einem Rechtsgeschäft der Bedingungseintritt und damit die Wirksamkeit ausschließlich vom Willen einer Partei abhängt. Ein Rechtsgeschäft mit einer solchen Bedingung ist z.B. anzunehmen bei Einräumung eines Ankaufs- oder Wiederkaufsrechts.

 

1.2 Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte (§ 14 Nr. 2 GrEStG)

Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich bereits mit Abschluss des jeweiligen Vertrages und damit bereits vor Erteilung der Genehmigung verwirklicht, da das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft bereits mit Abschluss des Vertrages vollendet und voll gültig ist. Nur die Rechtswirkung des Vertrages befindet sich bis zur Erteilung der Genehmigung in der Schwebe.

Folgende im Zeitpunkt des Abschluss des Kaufvertrages noch ausstehende Genehmigungen sind für den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs unrelevant:

  • des Grundstückseigentümers (Erbbauverpflichteten) bei der Veräußerung des Erbbaurechts durch den Erbbauberechtigten (§§ 5, 6 ErbbauRG);
  • der anderen Wohnungseigentümer oder eines Dritten (bspw. des Hausverwalters) bei der Veräußerung einer Eigentumswohnung bzw. Teileigentumseinheit (§ 12 WEG);
  • bei der Veräußerung von land- und fortwirtschaftlichen Grundstücken (§ 2 GrdstVG);
  • des Bundeskartellamtes aus Wettbewerbsgründen.

Eine Ausnahme gilt nur für Fälle, bei denen eine Genehmigung erforderlich ist, die die Willenserklärung eines Vertragsteils erst zustande bringt. Solche Erwerbsvorgänge sind erst mit der Erteilung der entsprechenden Genehmigung verwirklicht. Hierunter fallen insbesondere:

Beispiel 1

A und B schließen am 15.7.2014 einen Kaufvertrag über eine Wohnung ab. Im Kaufvertrag steht, dass der Vertrag zur Wirksamkeit der Genehmigung des Hausverwalters bedarf. Die Genehmigung des Hausverwalters wird am 2.12.2014 erteilt.

Lösung

Zwar ist die Grunderwerbsteuer erst im Zeitpunkt der Genehmigung am 2.12.2014 gem. § 14 Nr. 2 GrEStG entstanden, der Erwerbsvorgang wurde jedoch bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufertrages verwirklicht (§ 23 GrEStG), da die Vertragsbeteiligten durch Abschluss des Vertrages ihr Wollen in eine rechtsgeschäftliche Erklärung umgesetzt haben. Somit findet der Steuersatz von 5 vom Hundert Anwendung.

Beispiel 2

X verkauft mit Kaufvertrag vom 28.7.2014 Y ein unbebautes Grundstück. X wurde altersbedingt ein gerichtlicher Betreuer bestellt. Im Vertrag wird festgehalten, dass die Wirksamkeit...

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