Leitsatz
1. § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. (jetzt § 4 Nr. 5 GrEStG) ist auf Rückerwerbsfälle anwendbar, in denen ein Grundstück vor Inkrafttreten dieser Norm im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf den privaten Partner übertragen wurde, die Rückübertragung des Grundstücks aber für einen nach Einführung dieser Norm liegenden Zeitpunkt vereinbart war.
2. Eine Öffentlich Private Partnerschaft nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. erfordert eine Kooperation zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Partner i.S. einer Beteiligung des privaten Partners an der Erbringung öffentlicher Aufgaben.
3. Die nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. erforderliche Vereinbarung, dass das Grundstück am Ende des Vertragszeitraums einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf die juristische Person des öffentlichen Rechts zurückübertragen wird, muss klar und eindeutig sein.
Normenkette
§ 4 Nr. 9 GrEStG a.F.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und betrieb eine Kläranlage. Um eine Erweiterung und Modernisierung dieser Kläranlage zu ermöglichen, beteiligte die Klägerin eine Publikums-KG mit mehr als 3.000 Anlegern an der Anlage.
Nach einer im Jahr 1996 getroffenen notariell beurkundeten Vereinbarung wurde der KG ein Erbbaurecht an dem mit der Anlage bebauten Grundstücks bestellt. Das Erbbaurecht sollte eine Laufzeit bis Dezember 2036 und damit von 40 Jahren haben. Dazu wurde ein Kaufvertragsangebot notariell beurkundet. Hierin machte die Klägerin der KG bereits das Angebot, das Erbbaurecht zum Ende des Jahres 2013 mit einer Annahmefrist bis spätestens 2012 zu einem Kaufpreis i.H.d. Restwerts zu übernehmen.
Darüber hinaus schlossen die Klägerin und die KG einen "Entsorgungsvertrag", wonach die KG verpflichtet war, die Reinigung von Abwasser vorzunehmen. Die Laufzeit des Entsorgungsvertrags sollte bis Ende 2013 insgesamt 17 Jahre betragen. Durch einen weiteren "Betriebsführungsvertrag" übernahm die Klägerin sämtliche durch den Entsorgungsvertrag der KG auferlegten Pflichten. Die Laufzeit des Betriebsführungsvertrags war an jene des Entsorgungsvertrags gekoppelt.
Im November 2012 nahm die KG das Kaufangebot der Klägerin für das Erbbaurecht mit Wirkung zum Ende des Jahres 2013 an. Das FA setzte für den Vertrag vom November 2012 Grunderwerbsteuer fest. Dem im Einspruchsverfahren geäußerten Begehren der Klägerin, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. zu gewähren, kam das FA nicht nach.
Die Vorinstanz (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2.3.2017, 12 K 15068/15, Haufe-Index 10984868, EFG 2017, 1528) setze dagegen die Grunderwerbsteuer auf "null" Euro fest. Insbesondere – so das FG – sei die Rückübertragung des Grundstücks am Ende der Laufzeit fest vereinbart gewesen; die Beendigung des Erbbaurechts nach Ablauf von 40 Jahren stehe einer Rückübertragungsverpflichtung gleich.
Entscheidung
Nach der Entscheidung des BFH ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Rückübertragung im Dezember 2012 zum Dezember 2013 ist nicht nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. von der Grunderwerbsteuer befreit.
Zwar ergeben sich gegen die Nutzung des Erbbaurechts im Rahmen einer ÖPP grundsätzlich keine durchgreifenden Bedenken. Wesentliche Voraussetzung für die Privilegierung nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. ist jedoch die Vereinbarung der Rückübertragung des Grundstücks am Ende des Vertragszeitraums auf die juristische Person des öffentlichen Rechts. Hierzu müssen die Partner der ÖPP nach der Entscheidung des BFH klare und eindeutige Regelungen treffen. Das Kriterium der Rückübertragung wird nicht erfüllt, wenn sich die öffentliche Hand lediglich eine Option für die Rückübertragung einräumen lässt. Denn so ist nicht gesichert, dass am Ende des Vertragszeitraums tatsächlich eine Rückübertragung erfolgt.
Damit liegen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. im Streitfall nicht vor. Anders als das FG angenommen hat, war der Vertrag mit Ablauf des Jahres 2013 beendet. Das Versorgungsverhältnis und die damit vereinbarte Kooperation endeten planmäßig 17 Jahre nach ihrem Beginn und damit erheblich früher als das auf 40 Jahre bestellte Erbbaurecht. Zu diesem Zeitpunkt war die Rückübertragung des Erbbaurechts nicht fest vereinbart. Die Vertragsparteien haben nicht klar und eindeutig vereinbart, dass auch das Erbbaurecht zum Ende der Vertragszeit am 31.12.2013 auf die Klägerin zurückübertragen wird.
Hinweis
1. Im Besprechungsfall geht es um die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Vorliegen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. (heute inhaltsgleich § 4 Nr. 5 GrEStG). Von der Besteuerung ist danach u.a. der Rückerwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts ausgenommen, wenn das Grundstück im Rahmen einer ÖPP für einen öffentlichen Gebrauch benutzt wird und zwischen dem Erwerber und der juristischen Person des öffentlichen Rechts die Rückübertragung des Grundstücks am Ende des Vertragszeitraums vereinbart worden ist.
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