Die Begünstigungsvorschriften erstrecken sich im Einzelnen auf folgende Vorgänge:

  • Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern[2] oder von einem Alleineigentümer[3] auf eine Gesamthand.[4]
 
Achtung

Übertragung von Gesellschaftsanteilen[5]

Die Anwendung von § 5 GrEStG ist nicht auf die Übertragung von Grundstücken von einem Gesamthänder auf die Gesamthandsgemeinschaft beschränkt. Die Steuerbefreiung gilt vielmehr auch dann, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft auf eine Gesamthandsgemeinschaft übergehen.[6] Eine derartige Anteilsübertragung wird einer Grundstücksübertragung gleichgestellt. Von daher ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GrEStG bei einer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG steuerbaren Übertragung bereits vereinigter Anteile i. H. v. mindestens 90 % an einer grundbesitzenden Gesellschaft auf eine Gesamthandsgemeinschaft anwendbar.

Handeln kann es sich bei der grundbesitzenden Gesellschaft sowohl um eine Kapital- als auch eine Personengesellschaft. Bei Personengesellschaften ist allerdings der in § 1 Abs. 3 GrEStG geregelte Anwendungsvorrang von § 1 Abs. 2a GrEStG mit der Folge der Geltung von § 6 Abs. 3 GrEStG beachten.[7]

In den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) in der Hand der Gesamthandsgemeinschaft aufgrund einer Einbringung von Gesellschaftsanteilen wird hingegen nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i. S. d. § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.[8]

 
Praxis-Beispiel

Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG

An der A-GmbH sind B und C zu jeweils 50 % beteiligt. Die A-GmbH ist Alleingesellschafterin der D-GmbH, E-GmbH und F-GmbH, zu deren Gesellschaftsvermögen jeweils Grundstücke gehören. B und C übertragen alle Anteile an der A-GmbH auf eine neu gegründete GbR.

Mit der Einbringung aller Anteile an der A-GmbH durch B und C haben sich in der Hand der GbR (mittelbar) alle Anteile an der D-GmbH, E-GmbH, und F-GmbH vereinigt. Damit ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Dieser Tatbestand ist einer Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 GrEStG nicht zugänglich.[9]

Dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 GrEStG und des § 7 Abs. 1 GrEStG folgend, bei ähnlichen Konstellationen nur echte Wertverschiebungen zwischen Rechtsträgern grunderwerbsteuerlich zu erfassen, ist Grunderwerbsteuer ebenso nicht zu erheben, wenn mit der Aufhebung von Sondereigentum an Wohnungen und anschließender Realteilung jeder Beteiligte Eigentum entsprechend der bisherigen Aufteilung in Wohnungseigentum erwirbt.[10]

  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer Gesamthänder oder in das Alleineigentum eines Gesamthänders.[11]
  • Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand[12]; dies gilt auch für Fälle, in denen die eine Gesamthand an der anderen Gesamthand beteiligt ist.[13]
 
Praxis-Beispiel

Erwerb durch Gesamthandsgemeinschaft

A ist Alleineigentümer eines Grundstücks und überträgt dieses auf eine OHG, an deren Vermögen er und B hälftig beteiligt sind.

Die Grunderwerbsteuer ist nur hälftig zu erheben, da A nach wie vor hälftig am Grundstück beteiligt ist.

 
Praxis-Beispiel

Veräußerung durch Gesamthandsgemeinschaft

X, Y und Z sind zu je 1/3 an einer GbR beteiligt. Diese veräußert ein Grundstück für 150.000 EUR hälftig an X und den Nichtgesellschafter A in Miteigentum zu je 1/2.

Der Erwerb des hälftigen Miteigentums des X ist zu 1/6 (Mehrerwerb) steuerpflichtig, denn er war vorher zu 1/3 (2/6) und ist jetzt zu 1/2 (3/6) am Grundstück beteiligt. Für den Kaufpreisanteil von 50.000 EUR (= 2/6 v. 150.000 EUR) wird die Grunderwerbsteuer bei X nicht erhoben. Die hälftige Veräußerung an den Nichtgesellschafter A ist in vollem Umfang steuerpflichtig.

Die Steuer­ver­güns­tigung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG bzw. nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG bleibt nur erhalten, soweit der grund­stücks­über­tra­gende Gesamt­händer die Höhe seines Anteils am Vermögen der Gesamthand innerhalb von 10 Jahren nach dem Grund­stücks­übergang unein­ge­schränkt aufrecht­erhält[14] Andern­falls ist die Vergüns­tigung rückwirkend ganz oder teilweise zu versagen.[15]

Die Steuervergünstigung[16] gilt nicht, soweit

  1. ein Gesamthänder – im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger – innerhalb von 10 Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil an der Gesamthand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat;[17]

     
    Wichtig

    Rechtsgeschäft unter Lebenden

    Unter einem rechtsgeschäftlichen Erwerb in diesem Sinne ist jeder Erwerb zu verstehen, der eine rechtsgeschäftliche Grundlage hat. Wurde eine Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz in eine Personengesellschaft umgewandelt, ist die Grunderwerbsteuerbegünstigung für die spätere Veräußerung durch die Personengesellschaft ausgeschlossen, wenn die Gesellschafter der Personengesellschaft ihre durch Umwandlung erlangten ...

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