Danielle Bettinger, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Baden-Württemberg hat als erstes Land am 4.11.2020 ein eigenes Landesgrundsteuergesetz erlassen und somit das erste Ländermodell veröffentlicht.
In Baden-Württemberg belegener Grundbesitz wird künftig nach dem modifizierten Bodenwertmodell bewertet. Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ergibt sich im Wesentlichen aus dem Bodenwert des Grundstücks, d. h. sie wird durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem jeweiligen Bodenrichtwert nach § 196 BauGB auf den Stichtag 1.1.2022 ermittelt. Im Vergleich zum Bundesmodell kommt das baden-württembergische Modell also mit nur zwei Bewertungsparametern aus.
Berechnungsformeln zur Ermittlung der Grundsteuer im modifizierten Bodenwertmodell:
Grundsteuerwert = Grundstücksfläche x Bodenrichtwert,
Grundsteuermessbetrag = Grundsteuerwert x Steuermesszahl,
Grundsteuer = Grundsteuermessbetrag x Grundsteuerhebesatz.
2.1 Ermittlung des Grundsteuerwerts
Im ersten Schritt der Grundsteuerberechnung wird der Grundsteuerwert für das Grundstück ermittelt. Die Formel dazu lautet:
Berechnungsformel:
Grundsteuerwert = Grundstücksfläche x Bodenrichtwert in EUR/qm.
Der Grundsteuerwert wird dabei immer für die wirtschaftliche Einheit (das Grundstück) festgestellt. Die Definition der wirtschaftlichen Einheit ist im LGrStG BW normiert und knüpft an die Regelung des § 2 BewG an.
Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, bestimmt sich demnach grundsätzlich nach der Verkehrsanschauung. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung, die tatsächliche, unabhängige Nutzungsmöglichkeit und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind dabei zu berücksichtigen. Mehrere Wirtschaftsgüter können zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn sie demselben Eigentümer zuzurechnen sind.
Bei der Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten ergibt sich jedoch eine Abweichung zum Bundesmodell. Im baden-württembergischen Ländermodell wurde die Regelung des § 26 BewG sinngemäß übernommen. Das bedeutet, dass eine wirtschaftliche Einheit im reformierten Recht auch aus mehreren Wirtschaftsgütern (z. B. Flurstücken) bestehen kann, wenn sie zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner gehören. Im Bundesmodell werden die wirtschaftlichen Einheiten künftig immer dem jeweiligen Eigentümer zugerechnet und es existiert keine Sonderregelung für Ehegatteneigentum.
Im Falle eines Erbbaurechts ist für das Erbbaurecht und das Erbbaurechtsgrundstück ein einheitlicher Grundsteuerwert zu ermitteln, der festzustellen wäre, wenn die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde. Der ermittelte Wert ist dem Erbbauberechtigten zuzurechnen. Dasselbe gilt für das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Hier wurde die Regelung des Bundesrechts sinngemäß übernommen.
Bodenrichtwert
Der Bodenrichtwert nach § 196 BauGB ist der durchschnittliche Lagewert des Grund und Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken innerhalb eines abgegrenzten Gebiets (sog. Bodenrichtwertzone) auf einen bestimmten Stichtag (hier: auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022). Die Grundstücke innerhalb der Bodenrichtwertzone stimmen nach ihren Grundstücksmerkmalen, insbesondere nach Art und Maß der Nutzbarkeit, weitgehend überein und es liegen im Wesentlichen die gleichen allgemeinen Wertverhältnisse für die Grundstücke vor.
Der Bodenrichtwert bezieht sich auf den Quadratmeter Grundstücksfläche eines Grundstücks mit den jeweils dargestellten Grundstücksmerkmalen (Bodenrichtwertgrundstück). Die Bodenrichtwerte werden in regelmäßigem Turnus (mindestens alle zwei Jahre) von den jeweils örtlich zuständigen Gutachterausschüssen für Grundstückswerte (in Baden-Württemberg auf kommunaler Ebene angesiedelt) ermittelt und veröffentlicht.
Auf dem Grundstück aufstehende Gebäude bleiben bei der Ermittlung des Grundsteuerwerts gänzlich außer Ansatz.
Eine Besonderheit im baden-württembergischen Ländermodell stellt die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren tatsächlichen Werts von Grund und Boden in § 38 Abs. 4 LGrStG BW dar. Auf Antrag können Steuerpflichtige durch ein qualifiziertes Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grund und Boden bestellt oder zertifiziert worden sind, den Ansatz eines niedrigeren Werts geltend machen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dieser Wert um mehr als 30 % von dem regulären Grundsteuerwert abweicht.
Die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer heißt, wie im Bundesmodell, auch im baden-württembergischen Ländermodell "Grundsteuerwert". Konkret ergibt sich der Grundsteuerwert durch Multiplikation der Grundstücksflächen mit dem von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerten auf den Bewertungsstichtag d...