Leitsatz
Übernimmt der mit einem Grundstück unter Vorbehaltsnießbrauch Beschenkte auch die persönliche Haftung für die auf dem Grundstück abgesicherten Verbindlichkeiten, verpflichtet sich aber der Schenker und Vorbehaltsnießbraucher, diese Verbindlichkeiten für die Dauer des Nießbrauchs weiter zu tilgen und zu verzinsen, liegt keine gemischte, sondern eine reine Schenkung vor. Die Schuldübernahme durch den Beschenkten steht unter einer aufschiebenden Bedingung und ist daher gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG bis zum Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 6 Abs. 1 BewG , § 8 BewG
Sachverhalt
Eine Mutter schenkt ihrer Tochter Grundstücke und behält sich den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Die Grundstücke sind belastet. Die Tochter übernimmt die zugrunde liegenden Schulden mit für die Mutter befreiender Wirkung. Diese verpflichtet sich gleichzeitig, die Schulden für die Dauer des Nießbrauchs weiter zu verzinsen und zu tilgen. Die Tochter sieht in der Schuldübernahme eine teilweise Gegenleistung und nimmt daher eine gemischte Schenkung an.
Das FA und das FG gehen demgegenüber von einer reinen Schenkung aus, weil die Schuldübernahme die Tochter für die Dauer des Nießbrauchs nicht belaste. Dem schloss sich der BFH im Ergebnis an.
Entscheidung
Die befreiende Schuldübernahme läuft für die Dauer des Nießbrauchs wegen der Verpflichtung der Mutter zur weiteren Schuldentilgung leer. Diese Verpflichtung ist durch den Tod der Mutter auflösend bedingt; korrespondierend damit ist die Schuldübernahme der Tochter aufschiebend bedingt. Daraus folgt, dass zunächst eine reine Schenkung vorliegt. Erst mit dem Eintritt der Bedingung – nämlich dem Tod der Mutter – kommt es unter der weiteren Voraussetzung, dass dann noch eine Restschuld besteht, insoweit zu einer gemischten Schenkung. Der Stundungsbetrag nach § 23 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist und bleibt so zu berechnen, als habe keine befreiende Schuldübernahme vorgelegen.
Hinweis
Für die Frage, ob eine Schuldübernahme durch den Beschenkten eine Gegenleistung mit der Folge darstellt, dass eine gemischte Schenkung vorliegt, kommt es nicht auf das Verhältnis zu den Gläubigern an, sondern auf das Innenverhältnis zwischen Zuwendendem und Beschenktem. Dieses Innenverhältnis ist aber betroffen, wenn der Zuwendende sich trotz Vereinbarung einer befreienden Schuldübernahme gegenüber dem Beschenkten verpflichtet, die Schulden bis zum Erlöschen des Nießbrauchs weiter zu tilgen. Dann bleibt nämlich im Innenverhältnis zunächst alles beim Alten.
Auf die Frage, wie wahrscheinlich die spätere Inanspruchnahme des Beschenkten wegen der Schulden ist, kommt es nicht an.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.10.2001, II R 60/99