Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner, Wolfgang Macht
1.2.1 Rechtsprechung zur Anerkennung von Gutscheinen
Mit Urteilen vom 11.11.2010 hat der BFH seine Rechtsprechung zur Anerkennung von Gutscheinen grundlegend zugunsten der – steuerfreien – Sachbezüge geändert. Maßgebend ist allein die arbeitsvertragliche Vereinbarung:
Barlohn bei Anspruch auf Auszahlung des Sachbezugs
Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber den Wert der Sachbezüge ausbezahlt, liegt Barlohn vor, auch wenn der Arbeitgeber eine Sache zuwendet. Ebenso gelten Einkaufsgutscheine, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber statt der Barauszahlung des tarifvertraglichen Urlaubsgeldes wahlweise beziehen kann, als Barlohn. Auch wenn der Arbeitnehmer den Gutschein einlöst und einen nicht verbrauchten Restbetrag erstattet bekommt, liegt insgesamt Barlohn vor.
Sachbezug bei Anspruch auf die Sache selbst
Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen Sachbezüge vor. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber oder von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers bezieht.
Danach liegt steuerfreier Sachbezug vor für:
- Gutscheine, auch ohne Angabe der Sache, jedoch mit Höchstbetrag (bis 44 EUR).
- Gutscheine, die dazu berechtigen, auf Kosten des Arbeitgebers bis zu maximal 44 EUR zu tanken.
- Gutscheine, die den Arbeitnehmer dazu berechtigen, sich die Kosten (bis zum Höchstbetrag von 44 EUR) für "verauslagte" Tankrechnungen erstatten zu lassen.
- Gutscheine in Form einer auf 44 EUR limitierten "T-Card", die den Arbeitnehmer berechtigen, an Tankstellen eines bestimmten Betreibers diverse Waren aus dem gesamten Sortiment zu erwerben.
Kein steuerfreier Sachbezug liegt vor bei
- Gutscheinen, die der Arbeitnehmer anstelle eines vereinbarten Barlohns erhält (Gehaltsumwandlung).
- Gutscheinen, die sich der Arbeitnehmer – ggf. auch nur teilweise – in bar auszahlen lassen kann.
- Gutscheinen bzw. Sachbezügen über 44 EUR.
Sachbezüge arbeitsvertraglich vereinbaren
Die Sachbezüge müssen neben dem Barlohn im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Eine Auszahlung in bar muss ausgeschlossen sein.
1.2.2 Gutschein als geldwerter Vorteil
Grundsätzlich gilt: Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Sachbezüge, muss er den geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Darunter fällt auch ein Warengutschein für Arbeitnehmer. Ist auf dem Warengutschein ein Betrag vermerkt gilt dieser als Sachbezugswert.
1.2.3 Wann die 44-EUR-Freigrenze anzuwenden ist
Ist der geldwerte Vorteil anderer Sachbezüge (z. B. Benzin) mit Einzelbewertung im Monat insgesamt nicht höher als 44 EUR (inkl. USt), braucht er nicht lohnversteuert zu werden.
Wann der BFH die 44-EUR-Grenze zulässt
Diese Aussagen trifft der BFH:
Freigrenze überschritten – der gesamte Betrag ist zu versteuern
- Bei dem Betrag von 44 EUR (bzw. 50 EUR ab 1.1.2022) handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Wird die Grenze überschritten, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig und nicht nur der übersteigende Betrag.
- Wird mehr als die angegebene Menge getankt, gilt der Gutschein als Arbeitslohn und ist zu versteuern.
- Sofern der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers liefert, gelten auch diese Kosten als Sachbezug und werden in die Berechnung der 44-EUR-Grenze (bzw. 50-EUR-Grenze ab 1.1.2022) mit einbezogen.
1.2.4 Einzelfälle von Bezeichnungen auf Tankgutscheinen
Tankgutschein: "30 Liter Diesel, maximal 44 EUR"
Der Arbeitgeber gewährt seinem Arbeitnehmer folgenden Gutschein: "30 Liter Diesel im Wert von höchstens 44 EUR", der bei einer bestimmten Tankstelle einzulösen ist. Der Arbeitgeber hat ermittelt, dass bei Hingabe des Gutscheins der Liter Diesel 1,419 EUR kostete.
Es liegt Sachbezug vor, die Angabe eines Höchstbetrags ist unbeachtlich, dabei ist die 44-EUR-Freigrenze anwendbar. Der Wert des Gutscheins i. H. v. 42,57 EUR ist steuerfreier Arbeitslohn.
Bezüglich der Folgen bei einem zwischenzeitlich gestiegenem Dieselpreis s. unten und Tz. 1.2.5.