Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Ein GmbH-Geschäftsführer hat Mittel der Gesellschaft bereits vor Fälligkeit der Steuern so zu verwalten, dass die zukünftigen Steuerschulden bezahlt werden können.
Sachverhalt
Der Kläger war zwischen 2003 und Februar 2005 Geschäftsführer einer GmbH. Diese errichtete und sanierte Gebäude. In 2004 gab die GmbH Umsatzsteuervoranmeldungen ab, aus denen sich eine Erstattung von 42 TEUR ergab. Im Dezember 2004 veräußerte die GmbH ihre Geschäftsausstattung an eine andere GmbH. Im Januar 2005 stellte die GmbH einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, da sie sich aufgrund einer umsatzsteuerlichen Problematik mit Umsatzsteuernachzahlungen in erheblicher Höhe konfrontiert sah. Der Insolvenzverwalter stellte eine Verpflichtung von rund 630 TEUR fest. Das Insolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht eröffnet. Mit Bescheid vom Januar 2006 setzte das Finanzamt eine Umsatzsteuer für 2004 von 471 TEUR fest. Weitere Umsatzsteuerschulden führt schließlich zu einer Zahllast von 622 TEUR, für die mangels Zahlungsfähigkeit der GmbH der Kläger in Haftung genommen wurde. Hiergegen wandte er sich im Einspruchs- und Klageverfahren. Zur Begründung führte er unter anderem an, er habe umgehend Insolvenz beantragt, nachdem ihm die Steuerschuld bekannt geworden sei. Außerdem sie die Umsatzsteuer nur in der Höhe zu begleichen wie auch die anderen Gläubiger der Gesellschaft.
Entscheidung
Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger hafte gemäß § 69 i.V.m. § 34 AO für die Steuerschulden der Gesellschaft, da er als Geschäftsführer dafür Sorge zu tragen habe, dass die Steuern aus den Mitteln der Gesellschaft zu entrichten sind. Zwar sei die Steuerschuld hier noch nicht fällig gewesen, doch treffe ihn auch die Pflicht, die Mittel der Gesellschaft bereits vor Fälligkeit so zu verwalten, dass er zur pünktlichen Tilgung der Steuerschulden in der Lage ist. Die der Steuerschuld zugrunde liegende Umsatzsteuerthematik hätte dem Kläger bekannt sein müssen. Als ordentlicher Kaufmann hätte er für die Begleichung der Steuerschuld Vorsorge treffen müssen. Hinsichtlich der Höhe des Haftungsbetrages gelte nach der Rechtsprechung des BFH, dass alle Gläubiger (einschließlich Finanzamt) gleich behandelt werden müssten.
Hinweis
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, wie schnell ein GmbH-Geschäftsführer in Haftung genommen werden kann. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Kläger im hier entschiedenen Sachverhalt nicht tatsächlich von der umsatzsteuerlichen Thematik hätte wissen müssen. Die Kernaussage der Entscheidung ist nämlich die, dass der Geschäftsführer nicht nur bei Fälligkeit die Steuern zu zahlen hat, um einer Haftung nach § 69 AO i.V.m. § 34 AO als gesetzlicher Vertreter zu vermeiden. Er hat darüber hinaus auch Sorge zu tragen, dass hinreichend Mittel für die zukünftig fällig werdende Steuer zur Verfügung stehen (so BFH, Urteil v. 16.12.2003, VII R 77/00, BStBl 2005 II S. 249). Dies kann im Einzelfall eine erhebliche Planung erfordern, so dass meines Erachtens jeder Fall einer gesonderten Betrachtung bedarf. Pauschalierte Aussagen darüber, wann in einem solchen Fall ein Geschäftsführer schuldhaft gehandelt hat, verbieten sich.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 19.12.2012, 3 K 55/10