Zusammenfassung
Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Sie können ein- oder beiderseitig sein.
Die Geschäfte von Kaufleuten und deren spezifische Voraussetzungen sind im HGB gesondert geregelt. Die allgemeinen Regelungen über Handelsgeschäfte finden sich in den §§ 343-372 HGB. Als besondere Handelsgeschäfte sind der Handelskauf, das Kommissionsgeschäft, das Frachtgeschäft, das Speditionsgeschäft und das Lagergeschäft in den §§ 373-475h HGB geregelt.
1 Bedeutung und Voraussetzungen eines Handelsgeschäfts
Im Gegensatz zu reinen Privatgeschäften gilt es im Handelsverkehr einerseits den besonderen Bedürfnissen nach schnellen und unkomplizierten Entscheidungen gerecht zu werden und andererseits zu berücksichtigen, dass Kaufleute aufgrund ihrer Geschäftserfahrung auch weniger schutzbedürftig sind als Privatpersonen. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit handelsrechtlicher Regelungen sind daher, dass
- zumindest ein Kaufmann tätig wird und dass
- das vorgenommene Geschäft zum Bereich des von ihm betriebenen Handelsgewerbes gehört (§ 343 Abs. 1 HGB).
Geschäfte gehören dann zu einem solchen, wenn sie dem Interesse des Handelsgewerbes, der Erhaltung seiner Substanz und der Erzielung von Gewinn dienen sollen.
Die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln kann u. U. schwierig sein. Der BGH stellt nach Vorgaben des EuGH auf die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts ab. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an. Von maßgebender Bedeutung ist,
- zu welchem Zweck der veräußerte Gegenstand bislang genutzt wurde und
- aus welchem Anlass er verkauft werden sollte.
- In bestimmten Fällen kann es auch ausreichen, dass dem Käufer vor oder bei Vertragsschluss der Eindruck vermittelt wird, er erwerbe die Kaufsache von einem Unternehmer.
Vermutung spricht für ein Handelsgeschäft
Gem. § 344 Abs. 1 HGB gilt die gesetzlich widerlegbare Vermutung, dass die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel immer als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig angesehen werden. Will der Kaufmann die Anwendung handelsrechtlicher Vorschriften ausschließen, muss er diese gesetzliche Vermutungswirkung entkräften, d. h. darlegen und beweisen, dass es sich bei dem konkreten Rechtsgeschäft um ein Privatgeschäft handelt. Allerdings findet die Vermutungsregel des § 344 Abs. 1 HGB dann keine Anwendung, wenn es sich bei dem Kaufmann um eine natürliche Person (Einzelkaufmann) handelt.
Sind auf beiden Seiten eines Geschäftes Kaufleute beteiligt, spricht man von einem beiderseitigen Handelsgeschäft. Ist nur eine der Parteien des Handelsgeschäfts ein Kaufmann, liegt ein einseitiges Handelsgeschäft vor.
Kaufleute auf beiden Seiten
Kauft Herr Müller im Supermarkt Tomaten und Milch, liegt ein einseitiges Handelsgeschäft vor. Der Großeinkauf des Supermarktbetreibers von Obst, Gemüse und Milcherzeugnissen bei seinen Vertragshändlern stellt dagegen ein beiderseitiges Handelsgeschäft dar. Verkauft Herr Müller – nicht gewerbsmäßig – seine Privatsachen auf einem Trödelmarkt an Lieschen Meier, liegt nur ein reines Privatgeschäft vor, das ausschließlich den Regelungen des BGB unterworfen ist.
Grundsätzlich kommen gem. § 345 HGB
- die besonderen Vorschriften über Handelsgeschäfte auch bei einseitigen Handelsgeschäften für beide Teile gleichermaßen zur Anwendung.
- Nur wenn Einzelnormen ausdrücklich das Vorliegen eines beiderseitigen Handelsgeschäfts verlangen, gilt dieser Grundsatz nicht.
Beispielsweise können Zinsen ab Fälligkeit (§ 353 HGB) nur bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft verlangt werden. Gleiches gilt für die Wirksamkeit von Abtretungen trotz Abtretungsverbot (§ 354 a HGB). Hingegen sind auf den Nichtkaufmann als Vertragspartner eines Kaufmanns insbesondere die Regeln über den Handelskauf (mit Ausnahme der §§ 377 f.) sowie über das Lager- und Frachtgeschäft (siehe 3.3. und 3.5.) anwendbar.
2 Besonderheiten des Handelsgeschäfts
Die §§ 343 ff. HGB enthalten besondere Regelungen für Handelsgeschäfte, die von den Vorschriften des BGB zum allgemeinen und besonderen Schuldrecht teils erheblich abweichen.
2.1 Zustandekommen eines Handelsgeschäfts
Verträge kommen durch Antrag und Annahme zustande (§§ 145 ff. BGB). Im BGB wird dem bloßen Schweigen keinerlei Bedeutung zugemessen, d. h. wenn sich eine Privatperson nicht ausdrücklich erklärt, entstehen mit ihrem Schweigen grundsätzlich keine rechtsgeschäftlichen Pflichten.
Im Handelsrecht gibt es von diesem Grundsatz Ausnahmen: