Leitsatz
Die Durchführung der Außenprüfung bei einer Gesellschaft, die i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VO zu § 180 Abs. 2 AO hinsichtlich des Gesamtobjekts für die Feststellungsbeteiligten im Feststellungszeitraum gehandelt hat, als "Verfahrensbeteiligte" (§ 5 VO zu § 180 Abs. 2 AO) ist nach § 7 Abs. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO zulässig und führt zur Hemmung der Feststellungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO gegenüber allen Feststellungsbeteiligten, auch wenn diese von der Außenprüfung keine Kenntnis haben.
Normenkette
§ 171 Abs. 4, § 180 Abs. 1 und 2, § 181 AO § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 7 VO zu § 180 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Die Kläger erwarben 2002 von einer KG nach Sanierung eine Wohnung in einem denkmalgeschützten Haus. Die vom zuständigen Regierungspräsidium ausgestellte Bescheinigung für die Inanspruchnahme steuerlicher Vorteile reichten sie mit ihren Einkommensteuererklärungen bei dem FA ein. Die bescheinigten Vorteile wurden erklärungsgemäß gewährt. 2005 gab die KG eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Gesamtobjekt ab. 2008 ordnete das FA gegenüber der KG eine Außenprüfung an, die zu Feststellungen führte. Der erstmalige Feststellungsbescheid von 2011 wurde den Klägern bekannt gegeben. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger dagegen geklagt und Feststellungsverjährung eingewandt. Umstände außerhalb ihres Kenntnis- und Einflussbereichs könnten für sie keine verjährungshemmende Wirkung haben. Das FG hat die Klage abgewiesen (Sächsisches FG, Urteil vom 29.8.2014, 2 K 1/14, Haufe-Index 7566272).
Entscheidung
Auch die Revision der Kläger blieb erfolglos. Nach der Entscheidung müssen die Kläger die verjährungsunterbrechende Wirkung der Außenprüfung auch ohne Kenntnis von ihrer Anordnung und ihrem Beginn gegen sich gelten lassen.
Hinweis
Die Besprechungsentscheidung ist auf Wunsch der Finanzverwaltung nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt worden. Sie betrifft Besonderheiten im Zusammenhang mit der gesonderten Feststellung nach der VO zu § 180 Abs. 2 AO. Fraglich war, ob der Ablauf der Feststellungsfrist gegenüber allen Wohnungserwerbern gehemmt wird, wenn die Prüfungsanordnung nur der Gesellschaft bekannt gegeben worden ist, die hinsichtlich des Gesamtobjekts im Feststellungszeitraum für die Feststellungsbeteiligten gehandelt hat.
1. Insbesondere bei nach WEG aufgeteilten Altbauten, die den Eigentümern wegen Denkmalschutz etc. Steuervorteile vermitteln können, sieht § 180 Abs. 2 AO i.V.m. der VO zu § 180 Abs. 2 AO die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vor. Erklärungspflichtig ist, wer bei der Planung, Herstellung, Erhaltung, dem Erwerb, der Betreuung, Geschäftsführung oder Verwaltung des Gesamtobjekts für die Feststellungsbeteiligten handelt oder im Feststellungszeitraum gehandelt hat, in der Regel der Sanierungsbauträger (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VO zu § 180 Abs. 2 AO). Die Person ist Verfahrensbeteiligter, aber häufig selbst nicht Feststellungsbeteiligter. Trotzdem darf bei dieser Person auch eine Außenprüfung durchgeführt werden. Die VO regelt sogar, dass in diesem Fall die Prüfungsanordnung der Person bekannt gegeben werden muss, bei der sie durchgeführt werden soll (§ 7 VO zu § 180 Abs. 2 AO).
a) Fraglich war, ob die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an diese Person die Bekanntgabe an die Feststellungsbeteiligten erübrigt und ob ihnen gegenüber gleichwohl die verjährungshemmende Wirkung eintritt, wenn mit der Prüfung begonnen wird (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO). Das ergab sich nicht eindeutig aus § 7 der VO. Die Vorschrift kann auch so gelesen werden, dass sie die Bekanntgabe an den Prüfungspflichtigen lediglich ergänzend anordnet, soweit der Prüfungspflichtige vom Inhalt des Bescheids nicht selbst betroffen ist.
b) Der BFH hat die Frage dennoch bejaht. Aus der VO ergebe sich, dass die Prüfungsanordnung nur der dort bezeichneten Person bekannt gegeben werden müsse, weil nur bei ihr eine Außenprüfung stattfinde. Die verjährungshemmende Wirkung der Außenprüfung erstrecke sich dann auf alle Besteuerungsgrundlagen, die Gegenstand der Prüfung seien und folglich auch auf alle Feststellungsbeteiligten, denen diese Besteuerungsgrundlagen zuzurechnen seien. Die Gegenauffassung der Kläger liefe darauf hinaus, dass die Prüfungsanordnung allen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben werden und dass ihnen darüber hinaus der Beginn der Prüfungshandlungen angezeigt werden müsste. Das sei mit der von § 180 Abs. 2 AO bezweckten Konzentrationswirkung nicht zu vereinbaren und erschiene nicht sinnvoll.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.6.2015 – IX R 51/14