Dr. Christian Delarber, Dr. Florian Müller
2.2.1 Grundsatz
Rz. 32
Für die angemessenen Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung, die angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB besteht handelsrechtlich grundsätzlich ein Aktivierungswahlrecht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1b Satz 1 EStG besteht dieses Wahlrecht auch für die Steuerbilanz. Demnach brauchen angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung, angemessene Aufwendungen für soziale Leistungen des Betriebs, freiwillige soziale Leistungen und Leistungen für die betriebliche Altersversorgung nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Allerdings ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1b Satz 2 EStG das steuerliche Wahlrecht bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben. Wird beispielsweise beabsichtigt, einen möglichst niedrigen Gewinn auszuweisen, so sind die oben genannten aktivierbaren Gemeinkosten nicht in der Handelsbilanz zu aktivieren, da anderenfalls auch eine Aktivierung in der Steuerbilanz erforderlich wäre. Nach § 52 Abs. 12 Satz 1 EStG kann § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG, der durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 in das Einkommensteuergesetz eingefügt wurde, auch für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die vor dem 23.7.2016 enden.
2.2.2 Bestandteile
2.2.2.1 Kosten der allgemeinen Verwaltung
Rz. 33
Von den Kosten der allgemeinen Verwaltung sind die Kosten zur Verwaltung der Fertigung abzugrenzen, die Bestandteil der Fertigungsgemeinkosten darstellen und damit zu den einbeziehungspflichtigen Bestandteilen der Herstellungskosten gehören. Diese umfassen beispielsweise das Lohnbüro oder die Kosten für die Vorbereitung und Kontrolle der Fertigung.
Als Kosten der allgemeinen Verwaltung kommen nach R 6.3 Abs. 3 Satz 1 EStR folgende Aufwendungen in Betracht:
- Geschäftsleitung,
- Einkauf und Wareneingang,
- Betriebsrat,
- Personalbüro,
- Nachrichtenwesen,
- Ausbildungswesen,
- Rechnungswesen (z. B. Buchführung, Betriebsabrechnung, Statistik und Kalkulation),
- Feuerwehr,
- Werkschutz und
- Allgemeine Fürsorge einschließlich Betriebskrankenkasse.
Die Berücksichtigung von Kosten der allgemeinen Verwaltung setzt – analog wie bei den Material- und Fertigungsgemeinkosten – einen zeitlichen Bezug zum Herstellungsvorgang sowie eine Angemessenheitsprüfung zum Herstellungsbezug voraus.
2.2.2.2 Sozialgemeinkosten
Rz. 34
Die Sozialgemeinkosten umfassen
- Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs,
- Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen sowie
- Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung.
- Kosten für die sozialen Einrichtungen des Betriebs sind beispielsweise Aufwendungen für die Kantine einschließlich Essenszuschüsse, für den Betriebsarzt, für den Betriebskindergarten oder die Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer. Zu den Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen gehören nur Aufwendungen, die nicht arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart worden sind, wie beispielsweise Jubiläumsgeschenke, Wohnungs- und andere freiwillige Beihilfen, Weihnachtszuwendungen oder die Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des Unternehmens. Die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung umfassen Beiträge zu Direktversicherungen, Zuwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen.
Die Berücksichtigung von Sozialgemeinkosten setzt– analog wie bei den Material- und Fertigungsgemeinkosten – einen zeitlichen Bezug zum Herstellungsvorgang sowie eine Angemessenheitsprüfung zum Herstellungsbezug voraus.
2.2.2.3 Zinsen für die Herstellungsfinanzierung
Rz. 35
Zinsen für Fremdkapital gehören grundsätzlich nicht zu den Herstellungskosten, da für diese ein gesetzlich vorgeschriebenes Aktivierungsverbot vorherrscht (§ 255 Abs. 3 Satz 1 HGB). Wird Fremdkapital zur Herstellungsfinanzierung eines Vermögensgegenstandes verwendet, dürfen die Fremdkapitalzinsen aktiviert werden, wenn und insoweit sie auf den Zeitraum (zeitliche Komponente) der Herstellung (nicht eng auszulegende sachliche Komponente) entfallen ("Bauzeitzinsen") (§ 255 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz HGB). Werden sie aufgrund dieses gewährten Wahlrechts aktiviert, gelten sie lediglich als Herstellungskosten des Vermögensgegenstandes (§ 255 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz HGB). Es bleibt folglich dabei, dass die Zinsen keine Herstellungskosten darstellen, sondern lediglich als solche fingiert werden.
Rz. 36
Das handelsrechtliche Bewertungswahlrecht für Zinsen im Rahmen der Herstellungsfinanzierung gilt auch für die Steuerbilanz respektive für die steuerliche Gewinnermittlung (R 6.3 Abs. 5 Satz 1 EStR). Im Kontext der steuerlichen Gewinnermittlung wird somit ebenfalls ein Aktivierungswahlrecht fingiert. Aus dem handelsrechtlichen Akt...