Dr. Christian Delarber, Dr. Florian Müller
4.3.1 Abgrenzung
Rz. 72
Aufwendungen sind auch dann Herstellungskosten, wenn diese aus einer über den ursprünglichen Zustand eines Vermögensgegenstandes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des Vermögensgegenstandes resultieren (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB). Unter Beachtung dieser beiden Voraussetzungen fallen ebenso Instandsetzungs- oder Modernisierungsaufwendungen, soweit sie nicht bereits als Aufwendungen zur Herbeiführung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes zu den Anschaffungskosten gehören, unter die Herstellungskosten.
4.3.2 Ursprünglicher Zustand
Rz. 73
Zur Qualifizierung der wesentlichen Verbesserung ist zunächst Voraussetzung, dass der ursprüngliche Zustand des Vermögensgegenstandes festzustellen ist, der vor der durchgeführten Maßnahme vorgelegen hat. Dies ist der Zustand im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Unternehmer oder auch durch dessen Rechtsvorgänger im Fall des unentgeltlichen Erwerbes. Der Zustand des Vermögensgegenstandes, den er zu diesem Zeitpunkt hatte, ist mit dem Zustand nach der Verbesserung im Rahmen einer Vorher-Nachher-Betrachtung zu vergleichen. Kommt es hierbei auf den Zustand an, den der Vermögensgegenstand nach seiner Anschaffung hatte, dann ist die Grenze zwischen der Beendigung der Anschaffung und dem Beginn der Herstellung zu bestimmen.
Rz. 74
Rz. 75
Der Anschaffungsvorgang beginnt mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes und endet mit seiner Betriebsbereitschaft. Aufwendungen in diesem Zeitabschnitt zählen daher zu den Anschaffungskosten. Erst wenn der Zustand der Betriebsbereitschaft erreicht ist, sind weitere Aufwendungen als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen zu qualifizieren. Führen sie zu einer wesentlichen Verbesserung des Vermögensgegenstandes gegenüber dem Zustand, den er im Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft hatte, sind es Herstellungskosten. Kommt es nicht zu einer wesentlichen Verbesserung, sind die Aufwendungen Erhaltungsaufwendungen.
Rz. 76
Ein unentgeltlicher Erwerb stellt keine Anschaffung in diesem Sinne dar. Hat der Unternehmer den Vermögensgegenstand unentgeltlich erworben, ist daher als ursprünglicher Zustand derjenige maßgebend, den der Vermögensgegenstand hatte, nachdem er beim Rechtsvorgänger betriebsbereit war, wenn dieser ihn angeschafft hat, oder fertiggestellt war, wenn dieser ihn hergestellt hat.
Rz. 77
Ist der beschriebene ursprüngliche Zustand durch anderweitige Herstellungs- oder Anschaffungskosten, Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung oder Teilwertabschreibungen später verändert worden, so ist der hierdurch eingetretene Wert als ursprünglicher Zustand zum Vergleich heranzuziehen. Ist der Vermögensgegenstand dem Betriebsvermögen entnommen oder in das Betriebsvermögen eingelegt worden, kommt es für die Bestimmung des ursprünglichen Zustandes auf den Zeitpunkt der Entnahme oder Einlage an.
4.3.3 Wesentliche Verbesserungen
Rz. 78
Bei der wesentlichen Verbesserung muss es sich um eine das Wesen eines Gegenstandes betreffende Veränderung seiner Gebrauchs- oder Verwendungsmöglichkeit handeln. Ersetzt z. B. ein Versorgungsunternehmen eine alte Leitung seines Versorgungsnetzes durch eine neue mit einer höheren Leistungsfähigkeit, um gegenwärtige oder künftige Kapazitätsengpässe des Leitungsnetzes zu beseitigen, so handelt es sich um eine wesentliche Verbesserung.
Rz. 79
Voraussetzung ist, dass die Verbesserung wesentlich ist. Die bedeutet, dass nicht bereits Bestehendes ersetzt und modernisiert, sondern erstmals etwas Neues, bisher nicht Dagewesenes hinzugefügt wird (Erhöhung des Nutzungspotenzials). Maßnahmen, die der üblichen Modernisierung dienen und eine Anpassung an die gestiegenen Anforderungen an Funktion und Ausstattung darstellen, sind zwar Verbesserungen, aber noch keine eine Aktivierung als nachträgliche Herstellungskosten rechtfertigenden wesentlichen Verbesserungen. Werden nur unselbstständige Teile eines Vermögensgegenstandes verbessert, führt das nicht zwangsweise zu nachträglichen Herstellungskosten. Werden also lediglich Teile ersetzt, die mit dem Vermögensgegenstand in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen, handelt es sich um Erhaltungsaufwand.
Rz. 80
Eine einzelne Baumaßnahme an einem unselbstständigen Gebäudeteil ist für sich gesehen noch kein Herstellungsaufwand am Gebäude, weil das Gebäude durch diese nicht wesentlich verbessert wird, z. B. beim Austausch von Ofenheizungen gegen Gas-Etagenheizungen, bei der Modernisierung von Bädern oder beim Austausch von einfach verglasten Fenstern gegen Isolierglasfenster. Aus der Art der Baumaßnahmen und der Höhe des Bauaufwands kann noch nicht auf eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes im Sinne von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB geschlossen werden.