Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 26. April 1996 i.S. 14 K 1242/89
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kosten hat der Erinnerungsführer zu tragen
Tatbestand
Der Erinnerungsführer (Et) führte beim Hessischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 14 K 1242/89 einen Rechtsstreit gegen den Erinnerungsgegner (Finanzamt – FA–) wegen Einkommensteuer 1983 bis 1985. Durch Urteil des Senats der Hauptsache vom 4. Oktober 1995 wurde der Klage stattgegeben; die Kosten des Rechtsstreits hatte die Behörde zu tragen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 1995 beantragte der Ef u.a., Aufwendungen für mehrere Privatgutachten in Höhe von insgesamt 35.980,48 DM zu erstatten sowie Kosten für Bankbürgschaften zur Abwendung der Beitreibung aus den angefochtenen Bescheiden von 64.976,25 DM.
Der Urkundsbeamte des Gerichts hat diese Aufwendungen in dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 26. April 1996 als nicht erstattungsfähig angesehen.
Mit seiner Erinnerung macht der Ef weiterhin die Erstattung der o.g. Aufwendungen geltend (siehe im einzelnen die Erinnerungsbegründung vom 9. Mai 1996 sowie vom 19. Juli 1996 im Anschluß an das Schreiben des Gerichts vom 28. Mai 1996).
Der Ef beantragt,
unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 26. April 1996 weitere Aufwendungen in Höhe von insgesamt 100.956,73 DM zu erstatten.
I.
Die Erinnerung konnte keinen Erfolg haben; sowohl die Aufwendungen des Ef für die sog. Privatgutachten als auch die von ihm gezahlten Bürgschaftsprovisionen können nicht erstattet werden.
Erstattungsfähig sind gemäß § 139 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur die Aufwendungen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
Entscheidungsgründe
II.
In diesem Sinn waren die Kosten der sog. Privatgutachten nicht notwendig, und zwar sowohl der vor Klageerhebung eingeholten Äußerungen als auch der im Klageverfahren beigebrachten Stellungnahmen. Die Aufwendungen des Ef für die zusätzlichen Ermittlungen der Wirtschaftsprüfer – die in den sog. Privatgutachten zusammengefaßt wurden – waren kostenrechtlich i.S.v. § 139 Abs. 1 FGO nicht erforderlich.
Der Senat geht hierbei davon aus, daß die Aufträge an die Wirtschaftsprüfer keine Fachgutachten betrafen, d.h., der Ef war nicht auf einen Fachmann – hier einen Wirtschaftsprüfer – angewiesen (vgl. hierzu zuletzt den Beschluß des Finanzgerichts Münster vom 22. Mai 1995 4 Ko 2870/94 KFB, Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 285).
Von der Sache her handelte es sich vielmehr um zusätzliche Ermittlungen zu einem Sachverhalt, den niemand besser kannte als der Ef selbst; die ergänzenden Feststellungen setzten kein spezifisches Fachwissen voraus: Die Wirtschaftsprüfer sollten vor allem ermitteln, welche Personen hinter der Schweizer Gesellschaft standen, an die der Ef Zahlungen geleistet hatte. Auf diese Weise wollte der Ef im eigenen Interesse der Entscheidung der Behörde entgegentreten, die seine Zahlungen i.S.v. § 160 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) nicht als Betriebsausgaben anerkannt hatte, weil ihr die Empfängerbenennung nicht ausreichte.
Diese Empfängerbenennung nach § 160 Abs. 1 AO gehört Verfahrensrechtlich zur Darlegungslast des Ef aufgrund seiner Informations- und Mitwirkungspflicht nicht nur im Verfahren vor dem FA, sondern auch im Finanzprozeß (das Gericht hat gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO zu § 160 AO dieselben Befugnisse wie das FA). Der Ef hätte dieser Darlegungslast entsprochen, wenn er alle ihm bekannten Umstände über seine Geschäftsbeziehungen und die Zahlungsvorgänge mitgeteilt hätte. Das Gericht erforscht zwar den Sachverhalt von Amts wegen, ein Kläger bleibt aber auch im gerichtlichen Verfahren zur Aufklärung und Mitwirkung verpflichtet (vgl. § 76 Abs. 1 FGO). Dies gilt in besonderem Umfang bei Sachverhalten, die sich – wie hier – auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereiches der AO beziehen (so §§ 90 Abs. 2 AO, 76 Abs. 1 Satz 4 FGO). Die Grenze der Mitwirkungspflicht liegt bei der Unmöglichkeit oder der Unzumutbarkeit eigener Information oder Ermittlungen; in diesem Rahmen kann aber auch eine Informations- oder Beweisvorsorge erwartet werden (vgl. hierzu im einzelnen Tipke-Kruse, AO- und FGO-Kommentar, Rdn. 6 zu § 90 AO).
Diese verfahrensrechtliche Darlegungs- und Mitwirkungslast gilt in besonderer Weise in Fällen der Empfängerbenennung des § 160 AO. Ein Kläger hat hier ein spezielles Eigeninteresse, sein Wissen vollständig und zutreffend mitzuteilen, da er ein unmittelbares Risiko dafür trägt, daß seine Angaben steuerlich für nicht ausreichend angesehen werden. Aber auch hier verlangt die Rechtsprechung nichts Unmögliches oder Unzumutbares; es kann von ihm nicht mehr verlangt werden, als er weiß oder zumutbarerweise wissen müßte und könnte (vgl. zuletzt das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 5. November 1992 I R 8/91, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 1...