rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren auf die gerichtliche Verfahrensgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG, wonach eine wegen desselben Gegenstandes nach den Nummern 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird, findet auch auf Steuerberatervergütungen im finanzgerichtlichen Verfahren Anwendung.
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2; StBGebV § 40; Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Der Kläger und Erinnerungsführer führte vor dem Hessischen Finanzgericht unter dem Az. 11 K 725/08 einen Rechtsstreit, in dem er durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater vertreten wurde, der ihn bereits im außergerichtlichen Vorverfahren wegen derselben Streitpunkte vertreten hatte. Mit rechtskräftigem Urteil vom 28.05.2009 wurden die Kosten des Verfahrens zu 35 v.H. dem Kläger und Erinnerungsführer und zu 65 v.H. dem Beklagten und Erinnerungsgegner auferlegt. Zudem wurde die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt worden. Auf Antrag des Erinnerungsführers erging am 04.01.2010 ein Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit der am 14.01.2010 hiergegen erhobenen Erinnerung rügt der Erinnerungsführer, dass zu Unrecht nach § 45 der Steuerberatergebührenverordnung – StBGebV – die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens in sinngemäßer Anwendung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 des Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) – VVRVG – um die Hälfte der Geschäftsgebühr des außergerichtlichen Vorverfahrens (1.333,80 EUR x 65 v.H. = 866,97 EUR) gekürzt worden sei. Die Geschäftsgebühr werde mit § 139 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO– i.V.m. Nr. 2400, 2401, 1008 VVRVG und § 40 StBGebV begründet, die Verfahrensgebühr hingegen mit § 139 Abs. 3 FGO i.V.m. Nr. 3200 VVRVG und § 45 StBGebV. Die Nr. 3200 VVRVG enthalte keinen Hinweis auf Nr. 2300 VVRVG, weshalb die Vorbemerkung 3 keine bindende Rechtsvorschrift für Nr. 3200 VVRVG sei. Im Übrigen sei keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG entstanden; die im Vorverfahren angefallene Geschäftsgebühr basiere auf § 40 StBGebV. Im Finanzgerichtsverfahren seien gesonderte Schriftsätze erforderlich, so dass auch hier eine eigenständige Verfahrensgebühr gerechtfertigt sei. Weder Nr. 2300, noch Nr. 3200 VVRVG wiesen sich als ergänzende Vorschriften aus.
Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Erinnerungsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet. Der Erinnerungsführer kann vom Erinnerungsgegner nur die Erstattung von 65 v.H. einer um die Hälfte der für die Vertretung im außergerichtlichen Vorverfahren nach § 40 StBGebV entstandenen 13/10 Geschäftsgebühr gekürzten 1,6 Verfahrensgebühr verlangen. Der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des FG Köln im Beschluss vom 30. Juli 2009 – 10 Ko 1450/09 (EFG 2009, 1857).
1.
Nach § 139 Abs. 1 und 3 FGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur erstattungsfähig, wenn das Gericht – wie im Streitfall geschehen – die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
2.
Nach § 45 StBGebV sind auf die Vergütung eines Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes – RVG – sinngemäß anzuwenden. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VVRVG – welcher u.a. die Gebührentatbestände in Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, mithin auch der Finanzgerichtsbarkeit, regelt – wird eine wegen desselben Gegenstands nach den Nummern 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Im Streitfall führt die Anwendung dieser Regelung dazu, dass die für das außergerichtliche Vorverfahren zu Gunsten des späteren prozessbevollmächtigten Steuerberater nach § 40 StBGebV entstandene 13/10 Geschäftsgebühr unter Wahrung der Höchstgrenze von 0,75 Gebührensätzen zur Hälfte – hier 0,65 Gebührensätze – im Rahmen der Kostenfestsetzung auf die zu erstattende Verfahrensgebühr für das gerichtliche Klageverfahren kürzend anzurechnen war.
a)
Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV...