rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsgebühr für Vorverfahren
Leitsatz (redaktionell)
- Nach § 139 FGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung/Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
- Auf die Vergütung des Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des RVG sinngemäß anzuwenden.
- Damit findet die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG auch auf Steuerberatervergütungen im FG-Verfahren Anwendung.
Normenkette
StBGebVO § 45
Tatbestand
Die Klägerin und Erinnerungsführerin führte vor dem Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Az. 16 K 428/09 einen Rechtsstreit, in dem sie durch einen Steuerberater vertreten wurde, der sie bereits im außergerichtlichen Vorverfahren wegen desselben Streitpunks vertreten hatte. Mit Beschluss vom 2. Februar 2010 wurden die Kosten des Verfahrens dem Beklagten und Erinnerungsgegner auferlegt. Zudem wurde die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Auf Antrag des Erinnerungsführers erging am 7. Juli 2010 ein Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit der am 23. Juli 2010 hiergegen erhobenen Erinnerung rügt die Erinnerungsführerin die Anrechnung der Gebühr für das Vorverfahren nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG, da dies eine Abrechnung des Vorverfahrens nach RVG voraussetze. Die Vorbemerkung 3 zu Abs. 4 sehe eine Anrechnung nur für die nach VV-Nr. 2300 bis 2303 RVG verdienten Gebühren vor. Gebühren, die ein Steuerberater nach StbGebV verdient habe, seien nicht benannt und somit auch nicht anzurechnen. Eine Anrechnung sei im Übrigen auch nicht sachgerecht, da die im Vorverfahren angefallene Gebühr nach der StbGebV deutlich niedriger sei als die für das Vorverfahren nach RVG abzurechnende Gebühr. Eine Anrechnung würde daher zu einer ungerechtfertigten Gebührenbeschneidung des Steuerberaters führen.
Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Erinnerungsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
Funktionell zuständig für die Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG – der Einzelrichter. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG begründet eine originäre Zuständigkeit des Einzelrichters (vgl. FG Düsseldorf-Beschluss vom 26. August 2005 11 Ko 1919/05 GK, EFG 2005, 1894).
Der Kostenbeamte hat zu Recht angenommen, dass der Gebührensatz im Vorverfahren in Höhe von 11,5/10 in Höhe der Hälfte auf die 1,6-fache Verfahrensgebühr angerechnet wird, so dass eine Verfahrensgebühr in Höhe des 1,025-fachen Satzes als erstattungsfähig anzuerkennen ist.
Nach § 139 Abs. 1 und 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – gehören zu den erstattungsfähigen Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur erstattungsfähig, wenn das Gericht – wie im Streitfall geschehen – die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
Nach § 45 StBGebV sind auf die Vergütung eines Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes – RVG – sinngemäß anzuwenden. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VVRVG – welcher u.a. die Gebührentatbestände in Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, mithin auch der Finanzgerichtsbarkeit, regelt – wird eine wegen desselben Gegenstands nach den Nummern 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist.
Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG findet auch auf das finanzgerichtliche Verfahren Anwendung. Zwar wird die Ansicht vertreten, die Vorbemerkung sei nicht anwendbar, da die Anrechnungsvorschrift ausschließlich auf eine nach Nr. 3100 VVRVG entstandene Verfahrensgebühr anwendbar sei, nicht aber auf die im finanzgerichtlichen Verfahren entstandene Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VVRVG, weil das Finanzgericht seiner Struktur nach ein Obergericht sei und die höheren Gebühren gerechtfertigt seien, weil das Finanzgericht die erste und gleichzeitig die letzte Tatsacheninstanz und die Tätigkeit des Rechtsanwalts im finanzgerichtlichen Verfahren mithin nicht vergleichbar mit seiner Tätigkeit vor den sonstigen erstinstanzlichen Gerichten sei (Sächsisches-FG, Beschluss vom 22. April 2009 1 K 1302/08 zitiert nach FG Köln-Beschluss...