rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung

 

Tenor

Der Antrag auf Ablehnung der Richter des 4. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ist unzulässig.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger erhob gegen die Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid wegen zweckfremder Verwendung von Spendengeldern am 29.8.1994 Klage.

Das Finanzgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 1998 als unbegründet ab und ließ die Revision zu, worauf der Kläger mündliche Verhandlung beantragte. Dem Prozeßbevollmächtigten wurde am 5.3.1998 die Ladung für den Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.3.1998 zugestellt.

In der mündlichen Verhandlung lehnte der Kläger die drei Berufsrichter und die beiden ehrenamtlichen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Auf die in dem Schriftsatz vom 27.3.1998 genannten Ablehnungsgründe wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Ablehnungsgesuch ist unzulässig.

1. Der Kläger hatte ein Ablehnungsrecht nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 43 ZPO vor Einreichung des Ablehnungsgesuchs in der mündlichen Verhandlung vom 27.3.1998 verloren, soweit es sich um Umstände handelt, die zeitlich vor der Zustellung des Gerichtsbescheides liegen:

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 43 ZPO nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Die Begriffe „in eine Verhandlung eingelassen” und „Anträge gestellt” werden weit ausgelegt (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juli 1993 IX B 50/93, BFH/NV 1994, 50). „Anträge” sind –auch schriftliche– Sachanträge und grundsätzlich auch Prozeßanträge (Gräber/Koch, FGO, 4. Auflage, § 51 FGO Anm. 32) wie im Streitfall nach Ergehen des Gerichtsbescheids die Beantragung einer mündlichen Verhandlung. Der Zweck des § 43 ZPO ist es nämlich, den Ablehnungsberechtigten zu veranlassen, sich sofort nach Kenntnis eines Befangenheitsgrundes zu entscheiden, ob er sich darauf berufen will oder nicht. Ob ein Richter am Verfahren mitwirken darf, soll nicht in der Schwebe bleiben (BFH/NV 1994, 50).

Der Kläger hat sein Ablehnungsgesuch nahezu ausschließlich auf Befangenheitsgründe gestützt, die ihm bzw. seinem Prozeßbevollmächtigten, dessen Kenntnis er sich zurechnen lassen muß, bereits vor Ergehen des Gerichtsbescheids oder spätestens mit Zustellung des Gerichtsbescheids bekannt geworden waren. Nachdem der Kläger am 11.2.1998 mündliche Verhandlung beantragt hat, ohne gleichzeitig die ihm bekannten vermeintlichen Befangenheitsgründe geltend zu machen, hat er bezüglich dieser Gründe das Ablehnungsrecht verloren.

2. Soweit sich der Kläger in seinem Befangenheitsantrag auf Umstände stützt, die zeitlich nach Ergehen des Gerichtsbescheids liegen, sind diese offensichtlich ungeeignet die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das vom Kläger aus der Ladung gezogene Vertrauen, daß in der Sache selbst verhandelt werde, beruhte auf einem Rechtsirrtum des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten und ist ebenso wie die aus Gründen der Fairness erteilte richterliche Auskunft über das Ergebnis der Vorberatung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Spruchkörpers zu begründen. Das Ablehnungsgesuch aus diesen, nach dem Ergehen des Gerichtsbescheids liegenden Umständen, ist daher ein Mißbrauch des Rechtsinstituts „Richterablehnung”.

3. Die Ablehnung der ehrenamtlichen Richter ist bereits deshalb mißbräuchlich, weil diese erstmalig in der mündlichen Verhandlung, zu deren Beginn der Ablehnungsantrag gestellt wurde, mit der Sache befaßt waren und keinerlei konkrete Ablehnungsgründe gegen sie vorgebracht wurden.

4. Da es sich hier um ein unzulässiges Ablehnungsgesuch handelt, entscheidet der Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1287802

NWB-DokSt 1999, 1231

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