Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage einer neuen Vollmacht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unterschreibt ein Kläger eine Blankovollmacht oder ein in den notwendigen Angaben unvollständig ausgefülltes Vollmachtsformular, so kann der dort genannte Vertreter, wenn er vom Kläger dazu ermächtigt wurde, den konkreten Bezug zum Klageverfahren herstellen, indem er vor Einreichung der Vollmacht bei Gericht die notwendigen Angaben(Aktenzeichen, Datum usw.) selbst in das Formular einfügt oder das Formular einem für das betreffende Klageverfahren bestimmten Schriftsatz anheftet.

2. Ist aus einer Vielzahl anderer vergleichbarer Verfahren bekannt, dass die Kläger keine positive Kenntnis von einer Klageerhebung erhalten hatten, ist das Gericht in Fällen, in denen die vom Berater vorgelegten Vollmachten regelmäßig keine Angaben enthalten, die eine Bezugnahme auf das konkretere Verfahren eindeutig zulassen, .berechtigt eine erneute Vollmacht anzufordern.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1989

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen VI R 68, 69/99)

BFH (Urteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen VI R 68/99)

 

Tatbestand

Die Kläger waren im Streitjahr 1989 vom Beklagten (dem Finanzamt) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden. Die Einkommensteuererklärung hatten sie von Steuerberater und Wirtschaftsprüfer K fertigen lassen. Entsprechend den dort gemachten Angaben hatte das Finanzamt bei der Steuerfestsetzung einen Kinderfreibetrag von 2.484,-- DM berücksichtigt (Einkommensteuerbescheid vom 12.11.1990). Mit Schreiben vom 19.11.1991 hatte Steuerberater K „namens und in Vollmacht” der Kläger Einspruch eingelegt, den er in der Folgezeit in der Weise begründet hatte, daß er dem Finanzamt ein standardisiertes, von ihm vorgefertigtes Formblatt mit verschiedenen verfahrensrechtlichen und verfassungsrechtlichen Einwendungen einreichte.

Nachdem das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 11.6.1991 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen hatte, erhob Steuerberater K mit Schreiben vom 4.7.1991 Klage im Namen der Kläger. Zur Begründung führte er zunächst wieder bestimmte verfassungsrechtliche Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung an. In der Folgezeit ergänzte er sein Vorbringen mehrfach um weitere verfassungsrechtliche sowie verschiedene verfahrensrechtliche Einwendungen.

Mit Schreiben vom 25.7.1991 reichte Steuerberater K einen als „Vollmacht” bezeichneten Erklärungsvordruck ein. Der Vordruck enthält folgenden vorformulierten und mit Maschine geschriebenen Text:

„Ich/Wir bevollmächtige/n

Diplom-Finanzwirt K

Wirtschaftsprüfer/Steuerberater

...

mich/uns in meinen/unseren Steuer- und Buchführungsangelegenheiten sowie in Sachen Minderung der Erwerbsfähigkeit vor allen Gerichten, Finanzämtern, Steuer- und sonstigen Behörden sowie Versorgungsämtern und Gesundheitsämtern zu vertreten, gerichtliche und außergerichtliche Rechtsbehelfe einzulegen und zurückzunehmen, Vergleiche abzuschließen, sonstige verbindliche Erklärungen abzugeben und rechsverbindliche Unterschrift zu leisten. Die Vollmacht gilt u.a. für das Festsetzungs-, Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren der Finanzämter (Merker 21), für das Einheitswertverfahren sowie für das Steuerstrafverfahren. Die Vollmacht schließt die Bevollmächtigung eines Unterbevollmächtigten ein. Sämtliche Kostenerstattungsansprüche gegenüber Behörden, Gerichten und Dritten werden hiermit unwiderruflich an den Bevollmächtigten abgetreten. Diese Vollmacht gilt auch für das Kostenfestsetzungsverfahren. Mehrere Vollmachtgeber haften als Gesamtschuldner. Für die aus dem Vollmachtsverhältnis entstehenden Verpflichtungen ist Erfüllungsort und Gerichtsstand Königstein. Zustellungen, die statt an den Bevollmächtigten auch an die Partei unmittelbar zulässig sind, können nur an den Bevollmächtigten bewirkt werden. Schriftliche und telefonische Rückfragen sind nur an den Bevollmächtigten zu richten.”

Unten rechts ist in dem Vordruck der Hinweis „Unterschrift der/des Vollmachtgeber/s/in” unter einer entsprechend punktierten Linie angebracht.

Auf den im vorliegenden Verfahren vorgelegten Vordruck ist unterhalb der Unterschriftszeile für beide Kläger handschriftlich jeweils der Vor- und Zuname eingetragen. Oberhalb der Unterschriftszeile befinden sich zwei Namenszüge, die den Unterschriften der Kläger zu deren Einkommensteuererklärung entsprechen. Ein Datum ist auf der Erklärung nicht angegeben.

Im April 1997 erhielt der erkennende Einzelrichter in einem anderen, ihm zur Bearbeitung zugewiesenen Verfahren (Aktenzeichen 3 K 3567/93) von dem betreffenden Kläger die Mitteilung, er, der dortige Kläger, sei über die Vielzahl der von Steuerberater K in seinem Namen anhängig gemachten Klagen (lt. Prozeßregister des Gerichts insgesamt 14 Klagen) erst durch das dort beklagte Finanzamt sowie durch das Gericht unterrichtet worden. In dem betreffenden Schreiben vom 21.4.1997 heißt es u.a.: „Herr K hat uns zu keiner Zeit weder über die Inhalte dieser Klageverfahren informiert noch über die Prozeßrisiken auf...

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