rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schädlicher Zukauf bei der Besteuerung landwirtschaftlicher Betriebe

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Für die Berechnung der schädlichen Zukaufsgrenze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben kommt es nicht auf das Verhältnis des Einkaufswertes der Zukäufe zum Gesamtumsatz an, sondern auf das Verhältnis der Umsätze aus den Zukäufen zum Gesamtumsatz.
  2. Ein Handel mit zugekauften Waren, der 30% des gesamten Umsatzes ausmacht, ist für land- und forstwirtschaftliche Betriebe wesensfremd, sodass nach der Verkehrsanschauung kein Betrieb nach § 24 UStG vorliegt.
 

Normenkette

UStG § 24 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1993, 1994, 1995

 

Tatbestand

Klägerin (Klin.) ist die (ehemalige) Gesellschaft Bürgerlichen Rechts A (vormals B), vertreten durch die ehemaligen Gesellschafter C und D . Die Gesellschafter betrieben in den Streitjahren 1993-1995 die „Blumen D GbR” Sie endete am 30.06.1997 und wurde durch den Gesellschafter D als Rechtsnachfolger fortgeführt (Bl.33). Bei dem Betrieb der Klin. handelt es sich um eine Gärtnerei auf einer Fläche von 17.860 qm mit heizbaren Glasgewächshäusern mit drei angeschlossenen Blumenläden. Es wurden Frühlings- und Sommerblumen, Schnittstauden, Topfpflanzen sowie Friedhofsgewächse, Gestecke und Schalen (Kranzbinderei) verkauft. Hierzu wurden Gewächse aus eigener Produktion verwendet, aber auch Schnittblumen, Topfpflanzen, Bindematerial und sonstige Handelswaren regelmäßig zugekauft. Unter dem Konto Bindereibedarf wurden u.a. gebucht: Dekomaterial, Kerzen für Gestecke, Moose, Zweige, Glaskugeln, Grablichter (Bl. 111 Feststellungsakte). In ihren Umsatzsteuererklärungen berechnete sie ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG), was zu einer Umsatzsteuer von jeweils 0 DM führte.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Feststellung, dass in den Jahren 1990/91-1995/96 der Brutto-Einkaufswert des Zukaufes oberhalb von 30% des Nettogesamtumsatzes gelegen habe, in den Streitjahren zwischen 32% und 35%. Auf den Bericht des Prüfers vom 04.06.1998 (BP-Sonderband Bl. 8 ff. sowie Anlage 14 dazu) wird verwiesen.

90/91

91/92

92/93

93/94

94/95

95/96

Nettoumsatz

1.225.945

1.294.800

1.336.751

1.316.016

1.153.122

1.179.518

Brutto-Einkaufswert des Zukaufes

451.190

422.144

444.554

460.106

395.883

383.459

36,8%

32,6%

33,3%

35 %

34,3%

32,5%

Der Prüfer führte aus, zu den Zukäufen seien auch die Kosten für Bindematerial zu zählen (Berufung auf das BFH-Urteil vom 04.11.1974 VIII R 254/71, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1975, 118) sowie die Kosten der Eingangsfrachten und des Verpackungsmaterials. Die Einkaufswerte seien (im Unterscheid zum Gesamtumsatz) nicht mit dem Nettobetrag, sondern mit dem Bruttopreis anzusetzen, wie er bei der Durchschnittsbesteuerung anzusetzen wäre. Der unterschiedliche Gehalt der Bezugsgrößen sei bei der Bemessung der 30% Grenze bereits berücksichtigt (Felsmann, Land- und forstwirtschaftlicher Fachkommentar, Anm. A 307). Wegen der Überschreitung der 30% Grenze sei nach Abschnitt 135 Abs. 2 ESt-Richtlinien 1993 von einem Gewerbebetrieb auszugehen.

Dies führte zu einer Erstveranlagung für die Streitjahre 1993-1995 durch die Umsatzsteuerbescheide vom 08.07.1998 (1993) bzw. 16.07.1998 (1994 und 1995) wie folgt:

1.7.-31.12.93

1.1.94-31.12.94

1.1.95 - 31.12.95

Umsätze 15 %

18.497

26.736

30.081

Umsätze 7%

688.136

1.243.924

1.173.820

Vorsteuern

50.944,14

91.085

86.679,55

USt

12.714

21.946

19.477,00

Hiergegen hat die Klin. fristgerecht Einspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt:

a) Der Bindereibedarf sei nicht als schädlicher Zukauf einzubeziehen. Das Finanzamt (FA) habe Abschnitt 135 ESt-Richtlinien falsch ausgelegt. Die Rechtsprechung habe den Begriff des „betriebsnotwendigen” Zukaufs entwickelt. Bindereibedarf sei lediglich notwendig, um die Produkte in einen betriebsfähigen Zustand zu versetzen.

b) Bei den Zukaufswerten sei nicht der Brutto-, sondern der Nettopreis anzusetzen.

c) Aufwendungen für Dekorationszwecke müssten in Höhe geschätzter 3% abgezogen werden.

d) Der Prüfer habe die Fleurop-Umsätze beim Gesamtumsatz nicht einbezogen.

Ohne diese Kostenbestandteile betrage der Zukauf in den Streitjahren nur 26,8% bis 29,57% (Bl. 85 Feststellungsakten):

Vz

90/91

91/92

92/93

93/94

94/95

95/96

Anteil

30,19%

27,57%

25,93%

27,61%

29,57%

26,8%

Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2000 als unbegründet zurück. Um steuerschädlichen Zukauf handele es sich auch beim Einkauf von Bindereibedarf (Glaskugeln, Weihnachtsbänder etc.), Dekorations- und Verpackungsmaterial, weil es sich um fremde Erzeugnisse handele. Der Nettogesamtumsatz sei aus Vereinfachungsgründen mit dem Bruttowert der Zukäufe zu vergleichen. Selbst wenn man entsprechend der Rechtsauffassung der Klin. die Nettowerte bei den Zukäufen ansetzen würde und geschätzte Einkaufspreise für Dekomaterial abziehen würde, läge der Anteil des Nettozukaufswertes über 30%.

Hiergegen richtet sich vorliegende Klage. Zur Begründung wird ausgeführt, da...

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