vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 33/14)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Behandlung der Unterbringung und Verpflegung von Erntehelfern
Leitsatz (redaktionell)
- Die Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer unterliegt der Umsatzbesteuerung zum Regelsteuersatz und die Gewährung von Verpflegung an Erntehelfer der Umsatzbesteuerung zum ermäßigten Steuersatz.
- Durch die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung an Erntehelfer gegen Lohneinbehalt erbringt ein Landwehr eine entgeltliche Leistung an die Erntehelfer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
- Die Beherbergung von Erntehelfern ist keine steuerfreie Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12a UStG, da es sich um die Vermietung von Wohn-und Schlafräumen handelt, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält (§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG).
- Die Anwendung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG scheidet aus, da es sich weder bei der entgeltlichen Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer noch bei deren entgeltlicher Verköstigung um landwirtschaftliche Dienstleistungen im Sinne von Art. 25 Abs. 2-5 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL handelt.
- Die wiederholte Unterbringung und Verpflegung von Erntehelfern gegen Entgelt durch den Landwirt stellt keine landwirtschaftlichen Hilfsumsätze dar.
Normenkette
UStG § 24; RL 77/388/EWG Anl. 25; MwStSystRL Art. 295 Abs. 1 Nr. 5
Streitjahr(e)
2005, 2006, 2007
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Umsätze des Klägers im Zusammenhang mit der Beherbergung und Verpflegung von Erntehelfern nach Durchschnittssätzen zu besteuern sind.
Der Kläger ist Landwirt. In den Jahren 2005 bis 2007 wiesen die von ihm erstellten Gewinn- und Verlustrechnungen Umsatzerlöse zwischen rund 1 Mio. € und 1,4 Mio. € aus. In diesen Jahren beherbergte er in Wohncontainern und festen Unterkünften bis zu 150 Erntehelfer ausschließlich für die Spargelernte und gewährte diesen auch Verpflegung. Hierfür wurde durch den Kläger vom Arbeitslohn ein Entgelt in Höhe der jeweils geltenden Sätze der Sachbezugsverordnung (SachBezV) bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV), soweit es das Jahr 2007 betrifft, einbehalten. In den Arbeitsverträgen, die der Kläger mit den Erntehelfern abschloss, fand die entgeltliche Gewährung von Unterkunft und Verpflegung keine Erwähnung. Wegen Einzelheiten zum Inhalt der Verträge wird auf den beispielhaft vorgelegten Arbeitsvertrag (Bl. 82 der Verfahrensakten) verwiesen.
Während der Zeiten, in denen die vorhandenen Unterkünfte nicht durch Erntehelfer belegt waren, erfolgte durch den Kläger bei Gelegenheit eine kurzfristige Vermietung der Unterkünfte an betriebsfremde Monteure.
Im Rahmen einer mit Bericht vom 01.12.2009 abgeschlossenen Außenprüfung traf der Beklagte (das Finanzamt, FA) u.a. die Feststellung, dass außer den bislang erklärten Umsätzen auch Unterbringung und Verpflegung der Erntehelfer der Regelbesteuerung zu unterwerfen seien. Davon betroffen seien Umsätze zum Steuersatz von 7 % im Jahr 2005 in Höhe von 44.273,00 €, im Jahr 2006 in Höhe von 39.956,00 € und im Jahr 2007 in Höhe von 39.991,00 €. Die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 16 % seien im Jahr 2005 um 40.838,00 € und im Jahr 2006 um 36.856,00 € zu erhöhen. Im Jahr 2007 seien die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 19 % um 35.958,00 € zu erhöhen. Zusätzlich zu berücksichtigen seien Vorsteuerbeträge für 2005 in Höhe von 7.246,36 €, für 2006 in Höhe von 5.284,78 € und für 2007 in Höhe von 6.790,23 € (vgl. BP-Bericht, Bl. 30 der Verfahrensakten). Wegen der Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf solche, die auf die Gewährung von Verpflegung und solche, die auf die Gewährung von Unterkunft entfallen, wird auf Anlage 8 zum Bericht der Betriebsprüfung Bezug genommen (Bl. 32 der Verfahrensakten).
Mit Bescheiden vom 02.02.2010 änderte das FA aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung die Umsatzsteuerfestsetzungen 2005 bis 2007 dahingehend, dass es die Steuern auf 8.137,31 €, 8.700,34 € bzw. 8.206,42 € festsetzte. Wegen des Inhalts der Bescheide wird im Übrigen auf Bl. 18 bis 26 der Verfahrensakten Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17.02.2010 legte der Kläger gegen die Bescheide Einsprüche ein, die mit Entscheidung vom 01.06.2011 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
Am 28.06.2011 hat der Kläger beim Hessischen Finanzgericht Klage erhoben.
Diese begründet er dahingehend, dass es sich bei der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung an Saisonarbeitskräfte um ein landwirtschaftliches Hilfsgeschäft handele, das der Pauschalierung unterliege. Dies entspreche auch dem Gemeinschaftsrecht, da die Umsätze im Sinne von Art. 295 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) im Rahmen des und für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erbracht würden. Da die erbrachte Leistung der Erzeugung von Feldfrüchten diene, handele es...