vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 34/17)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchschnittsbesteuerung bei Beweidung durch Schafe
Leitsatz (redaktionell)
- Umsätze aus Leistungen durch Schafbeweidung unterliegen der Umsatzbesteuerung zum Regelsteuersatz. Sie gehören nicht zu landwirtschaftlichen Dienstleistungen, die der Pauschalbesteuerung nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG unterliegen.
- Nach der richtlinienkonformen Auslegung von § 24 Buchst. i UStG ist nur auf die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen die Pauschalregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. seit dem 1.1.2007 Art. 295 ff. Mehrwertsteuersystemrichtlinie anzuwenden.
- Maßgebendes Abgrenzungskriterium zur Anwendung des § 24 UStG ist, ob eine landwirtschaftliche Leistung zu landwirtschaftlichen Zwecken vorliegt
Normenkette
UStG § 24; MwStSystR Art. 295 Abs. 1 Nr. 5
Streitjahr(e)
2011, 2012
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für Umsätze aus Leistungen durch Schafbeweidung.
Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger erzielte aus einer Schäferei Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er ermittelte seine Einkünfte im abweichenden Wirtschaftsjahr (01.07. bis 30.6.). Beim zuständigen Landwirtschaftsamt wurde der Betrieb als Ackerbaubetrieb mit Tierzucht geführt (nicht als Wanderschäferei).
Die Schafe des Klägers wurden teilweise lebend verkauft, teilweise zur Beweidung eingesetzt und teilweise geschlachtet und zu Wurstprodukten verarbeitet. Die Ernährung der Schafe erfolgte überwiegend durch Beweidung von
Grünflächen. Der Kläger selbst verfügte im Jahr 2015 über eine Gesamtbetriebsfläche von … ha, wovon … ha auf Ackerland entfielen, … ha auf Wiesen und Weiden und … ha auf Hof und Wege. Laut Bestandsaufnahme am 30. Juni 2015 hielt er … Böcke, … Mutterschafe über 20 Monate,
… Jungschafe bis 20 Monate und … Lämmer bis ½ Jahr. Dies entsprach nach seiner eigenen Auskunft ungefähr dem Schafbestand in den Streitjahren.
In den Streitjahren führte der Kläger unter anderem Dienstleistungen in Form von Beweidung einer Fläche des … durch. Aufgrund eines Vertrags über die Erhaltungs- und Entwicklungspflege der Grünflächen vom … beweidete er das Areal „…” in … durch Schafbeweidung als Huteschafbeweidung im freien Durchtrieb mit teilweiser Entbuschung jüngerer Brachebereiche. In den Streitjahren war die Beweidungsfläche ca. … ha groß. Ausweislich § 4 des Vertrags betrug die Vergütung während der gesamten Vertragslaufzeit … EUR je Hektar Weidefläche und Vertragsjahr, zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer. Vertragsbeginn war der … . Der Großteil des Tierbestandes (ca. … – … Tiere) wurde während des Beweidungszeitraums auf dem Areal der „…” gehalten. Die Tiere wurden tagsüber vom Kläger und seinen Hütehunden überwacht und abends in ein elektrisch umzäuntes Areal geführt, in dem sie übernachteten.
Der Kläger stellte dem … für seine Dienstleistung im Kalenderjahr … EUR netto zzgl. 10,7 % USt (… EUR), mithin … EUR brutto in Rechnung. In den Rechnungen wurde „Schafbeweidung als Huteschafbeweidung der Grünflächen … zur Erhaltungs- und Entwicklungspflege” als Betreff angegeben.
Außerdem stellte er dem … für das Mulchen von Altgras nach der ersten Beweidung bzw. Mulchen von Disteln nach der zweiten Beweidung jeweils … EUR zzgl. 10,7 % Umsatzsteuer (… EUR) in Rechnung.
In einer im Jahr 2015 vom Beklagten, dem Finanzamt (nachfolgend FA), durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Umsätze aus der für … durchgeführten Schafbeweidung nicht nach § 24 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung unterlägen, sondern nach der Regelbesteuerung mit 19 % zu besteuern seien. Der Leistungsempfänger sei kein Landwirt und die Leistung diene nicht landwirtschaftlichen Zwecken.
Ebenso seien die Umsätze aus den Mulcharbeiten mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.
Aufgrund dieser und anderer - hier nicht streitiger - Feststellungen setzte das FA mit Bescheiden vom 21.07.2015 die Umsatzsteuer 2011 auf … EUR und die Umsatzsteuer 2012 auf … EUR fest. Für 2012 hatte der Kläger zuvor am 20.10.2014 eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben, welche einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand.
Den am 17.08.2015 eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass
§ 24 UStG anwendbar sei. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG unterhalte ein Unternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb, soweit er im Rahmen der in § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG genannten Erzeugertätigkeit unter planmäßiger Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens Pflanzen und Tiere erzeuge sowie dadurch selbst gewonnene Erzeugnisse verwerte. Die Fütterung der Schafe mit Weidegras sei eine planmäßige Ausnutzung der natürlichen Kräfte des Bodens, um die im Eigentum des Klägers s...