Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1994
Tenor
Unter Änderung des Steuerbescheides vom 20.10.1995 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 5.12.1995 wird die Einkommensteuer 1994 auf … – DM herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 65 v.H., das Finanzamt zu 35 v.H. zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Der Streitwert wird auf 597,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte sie u.a. den Abzug von Kinderbetreuungskosten für ihre 1984 und 1989 geborenen Kinder in Höhe von 1.863,– DM. Das Finanzamt kürzte im Einkommensteuerbescheid vom 20.10.1995 diesen Betrag um eine zumutbare Belastung von 1.080,– DM auf 783,– DM, setzte dann jedoch gemäß § 33 c Abs. 4 Sätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den höheren Pauschbetrag von 960,– DM an. Außerdem gewährte das Finanzamt einen Haushaltsfreibetrag von 5.616,– DM und zwei Kinderfreibeträge zu je 2.052,– DM. Der Einkommensteuerbescheid erging im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) hinsichtlich des Arbeitnehmerpauschbetrags (§ 9 a Nr. 1 EStG), der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG), der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen (§ 12 EStG), der Höhe der Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG), der Höhe des Haushaltsfreibetrages (§ 32 Abs. 7 EStG) und der Höhe des Abzugs von Kinderbetreuungskosten (§ 33 c EStG).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und wandte sich gegen die Verfassungswidrigkeit verschiedener steuergesetzlicher Vorschriften. Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5.12.1995 als unbegründet zurück.
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage hat die Klägerin zunächst nur begehrt, höhere Kinderfreibeträge zu berücksichtigen. Mit dem am Tag der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 6.8.1996 wendet sich die Klägerin ferner gegen die beschränkte Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge und gegen den Ansatz der zumutbaren Belastung bei den Kinderbetreuungskosten.
Die Klägerin beantragt,
bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einen Kinderfreibetrag in Höhe von 2.200,– DM pro 1/2 Kind, die nachgewiesenen Versicherungsbeiträge zusätzlich mit 200,– DM und die Kinderbetreuungskosten ohne Ansatz der zumutbaren Belastung zu berücksichtigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, wegen des im Einkommensteuerbescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks gemäß § 165 Abs. 1 AO sei dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin hinreichend Rechnung getragen.
Die Klägerin hat während des Klageverfahrens mit Schreiben vom 23.2.1996 beim Finanzamt beantragt, für das Kind T. 2.640,– DM Kinderbetreuungskosten anzuerkennen. Der darauf erfolgten Antrage des Finanzamts vom 10.4.1996, mit der der Prozeßbevollmächtigte gebeten wurde, die bisher anerkannten Kinderbetreuungskosten von 1.863,– DM aufzuschlüsseln und die entsprechenden Belege vorzulegen, kam dieser nicht nach.
Dem Gericht lag der Einkommensteuervorgang 1994 vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. Die Kinderbetreuungskosten sind nicht um die zumutbare Eigenbelastung zu kürzen.
Nach § 33 c EStG sind Aufwendungen eines Alleinstehenden für erwerbsbedingte Dienstleistungen zur Betreuung seines zu einem Haushalt gehörenden Kindes für das erste Kind bis zu einem Höchstbetrag von 4.000,– DM und für jedes weitere Kind bis zu 2.000,– DM abziehbar. Diese Aufwendungen „gelten” nach § 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG „als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33”.
Die Klägerin hat gegenüber dem Finanzamt nach Ergehen der Einspruchsentscheidung nachgewiesen, daß ihr für die Betreuung ihres Kindes T. in 1994 2.640,– DM an Aufwendungen entstanden sind. Da sie der Antrage des Finanzamts, die in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Aufwendungen von 1.863,– DM durch Belege nachzuweisen, nicht nachgekommen ist, ist für das zweite Kind C. gemäß § 33 c Abs. 4 EStG ein Pauschbetrag von 480,– DM anzusetzen. Ohne Vorlage der entsprechenden Belege kann nämlich nicht nachvollzogen werden, ob die bisher erklärten Aufwendungen (teilweise) in dem jetzt nachgewiesenen Betrag enthalten sind und auf welches Kind welche Beträge entfallen.
Die nunmehr nachgewiesenen bzw. anzuerkennenden Kinderbetreuungskosten von 3.120,– DM (2.640,– DM + 480,– DM) sind nicht um die in § 33 Abs. 1 und Abs. 3 EStG vorgesehene zumutbare Belastung zu mindern. Die in § 33 c Abs. 1 Satz 1 EStG enthaltene Verweisung auf § 33 EStG rechtfertigt keine Anrechnung der zumutbaren Belastung. Eine andere Auslegung würde zur Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 33 c EStG führen. Das Gericht folgt insoweit der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 10.4.1992 (III R 184/90, Bundessteuerbl...