Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheides vom 11. Juni 1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. Juni 1996 wird die Erbschaftsteuer auf 29.900,– DM festgesetzt.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie die Gegenleistung, die der Kläger für den Verkauf seiner Nacherbenanwartschaftsstellung erhalten hat, erbschaftsteuerrechtlich zu bewerten ist.
Der Kläger ist der Neffe des im September 1994 verstorbenen W. Der Erblasser hatte mit Testament vom 16. September 1986 seine Ehefrau E. als Vorerbin und den Kläger als Nacherben eingesetzt. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 1995 kam der Kläger mit der Vorerbin überein, sein Nacherbenanwartschaftsrecht an diese entgeltlich zu übertragen. Unter Abschnitt I. des Vertrages heißt es:
„Wir sind darüber einig, daß das Nacherbenrecht des Klägers (K) durch Übertragung von Grundbesitz an Herrn K. abgelöst werden soll. Statt des ursprünglich hierfür vorgesehenen Grundstückes F., L-Straße soll Herrn K. das von der Erschienenen zu 1. (Vorerbin) käuflich erworbene Grundstück Gemarkung Q. Flur … Flurstück … Gebäude- und Freifläche … qm groß, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … von … Bl. … übertragen werden. Zu diesem Zweck tritt die Erschienene zu 1. sämtliche ihr aufgrund des Kaufvertrages, beurkundet am 22. Dezember 1995 zu Nr. … der Urkundenrolle für 1995 des Notar … in … aus diesem Vertrag gegenüber der Firma X-GmbH, …, zustehenden Rechte an Herrn K. ab, so daß dieser im Falle der Annahme zu den Bedingungen des genannten Vertrages den Grundbesitz erhält.”
Mit Vertrag vom 22. Dezember 1995 hatte die Vorerbin von der Firma X. GmbH das Grundstück Q. in zu einem Kaufpreis von über 600.000,– DM erworben. Gemäß § 4 des Vertrages erfolgte die Übergabe des Kaufobjektes am Beurkundungstag.
Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt und eine Auflassung Vormerkung zugunsten der Vorerbin beantragt und am 16. Januar 1996 im Grundbuch eingetragen. Als Eigentümerin wurde die Vorerbin nicht im Grundbuch eingetragen. Nachdem von ihr am 30. Januar 1996 der Gesamtkaufpreis auf das Notaranderkonto bezahlt worden war, wurde vielmehr der Kläger am 28. März 1996 direkt als neuer Eigentümer des Grundstückes Q. im Grundbuch eingetragen.
Im Steuerbescheid vom 11. Juli 1996 setzte das Finanzamt gegen den Kläger über 200.000,– DM Erbschaftsteuer fest. Es ging dabei davon aus, daß für die Besteuerung der Kaufpreis abzüglich angefallener Kosten anzusetzen sei und nicht der erhöhte Einheitswert der auf den Kläger übergegangenen Immobilie. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, daß bei der Steuerfestsetzung nur der erhöhte Einheitswert des Grundstückes Bemessungsgrundlage sein könne. Er habe das Grundstück und keinen Geldbetrag erhalten. Lediglich aus Kostengründen sei hier ein vereinfachter Durchgangserwerb zwischen ihm und der Vorerbin vereinbart worden. Nachdem zugunsten der Vorerbin eine Auflassungsvormerkung beantragt worden sei, habe diese ihm keinen schuldrechtlichen Anspruch mehr übertragen können. Er sei vielmehr in die dinglich gesicherte Rechtsposition der Vorerbin eingetreten.
Der Kläger beantragt daher,
unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheides vom 11. Juli 1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 1996 die Erbschaftsteuer auf unter 30.000,– DM herabzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, daß der Kläger für die Übertragung seiner Nacherbenstellung kein Grundstück, sondern lediglich einen Sachleistungsanspruch auf Übertragung eines Grundstückes erhalten habe. Dieser Sachleistungsanspruch sei aber nicht mit dem Einheitswert des Grundstückes, sondern mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit seinen Urteilen vom 10. April 1991 (II R 118/86 in Bundessteuerblatt –BStBl– II 1991, 620) und vom 26. Juni 1991 (II R 117/87 in BStBl II 1991, 749) entschieden, daß die Bewertung mit dem Einheitswert auf die Wirtschaftsgüter beschränkt bleiben müsse, für die das Gesetz diese Bewertung vorsehe. Eine Anwendung dieser Werte auf Sachleistungsansprüche komme daher nicht in Betracht.
Im übrigen wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und in der Klageerwiderung Bezug genommen.
Dem Senat lag die dem Kläger betreffende Erbschaftsteuerakte vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1. Zu Unrecht hat der Bek...