vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 3/19)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschüttungswahlrecht der Investmentgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Investmentgesellschaft kann im Ausschüttungsbeschluss frei bestimmen, welche Bestandteile ihrer verfügbaren Mittel sie zur Ausschüttung verwendet. Eine Ausschüttungsreihenfolge, wonach nur dann eine für den Anleger nicht steuerbare Substanzausschüttung in Betracht kommt, wenn die Ausschüttung nicht mit Erträgen hätte bestückt werden kann, besteht nicht.
- Eine Beschränkung der Wahlfreiheit ergibt sich nicht aus einer analogen Anwendung der körperschaftsteuerlichen Norm des § 27 KStG, die im Hinblick auf das steuerliche Einlagenkonto im Körperschaftsteuerrecht die Verwendung Reihenfolge bei der Ausschüttung festlegt.
- § 43 Abs. 4 Nr. 6 und § 44 Abs. 1 Nr. 4a InvG schränken die Kapitalanlagegesellschaft nicht in ihrer freien Ergebnisverwendung ein, sondern dienen nur dazu die Ausschüttungspolitik in den Vertragsbeziehungen zwischen Anleger und Kapitalanlagegesellschaft zu regeln.
- Dem Investmentrecht liegt nur ein sog. eingeschränktes Transparenzprinzip zugrunde, das nicht geeignet ist, als teleologisches Leitprinzip fehlende Besteuerungstatbestände zu ersetzen.
Normenkette
InvStG § 15 Abs. 1, §§ 12, 43 Abs. 4 Nr. 6, § 44 Abs. 1 Nr. 4a
Streitjahr(e)
2006, 2007
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist das Spezialsondervermögen A vertreten durch die B GmbH, vormals C GmbH, die zum 03.04.2006 das Sondervermögen eröffnete. Einzige Anlegerin ist die D. Am 28.12.2007 fasste die Kapitalanlagegesellschaft einen Ausschüttungsbeschluss für eine Ausschüttung am gleichen Tag über 10.094.524,73 €. Es wurden nur ordentliche Erträge ausgeschüttet, die sich ausweislich des Ausschüttungsbeschlusses (Blatt 4 Feststellungsakte) wie folgt zusammensetzten: ausgeschüttete Zinsen und sonstige Erträge 8.887.201,36 €, ausschüttungsgleiche Erträge des Vorjahres 46.170,83 € sowie ausgeschüttete Dividenden aus Ziel-Investmentvermögen in Höhe von 1.161.152,54 €. Eine Substanzausschüttung, die auf einer Einlagenrückgewähr beruht, wurde laut Ausschüttungsbeschluss nicht vorgenommen. Entsprechend des Ausschüttungsbeschlusses wurde der Betrag der Ausschüttungen in der Feststellungserklärung für das Spezialsondermögen betreffend das Geschäftsjahr vom 01.12.2006 bis 30.11.2007 ausgewiesen und ausgeschüttete Erträge mit 8.890.959,49 € angegeben (Berechnung siehe Bl. 23 Sonderband Betriebsprüfungsberichte), in denen ein Betrag von 47.170,83 € für ausschüttungsgleiche Erträge enthalten waren. Die Einreichung der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen führte zur Feststellung der erklärten Erträge gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 Investmentsteuergesetz (InvStG) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Im Rahmen einer im Anschluss durchgeführten Außenprüfung bei dem Sondervermögen wurde festgestellt, dass der Betrag der ausgeschütteten/ausschüttungsgleichen Erträge wesentlich geringer war als der Betrag der Ausschüttung. Ursache waren von Zielfonds ausgeschüttete gezahlte Zwischengewinne, welche investmentrechtlich dem außerordentlichen Bereich zugeordnet werden, investmentsteuerrechtlich jedoch in den Bereich der ordentlichen Erträge umzugliedern sind. Dies führte dazu, dass das investmentrechtlich zur Verfügung stehende Ausschüttungsvolumen an ordentlichen Erträgen um 1.375.708 € höher war als das nach Investmentsteuerrecht ermittelte Volumen. Die Klägerin sah den Differenzbetrag zwischen dem investmentrechtlichen und dem investmentsteuerrechtlichen ordentlichen Erträgen in der Feststellungserklärung als Substanzausschüttung an, der als negativer steuerlicher Ausgleichsposten beim Anleger nicht versteuert wurde. Da nach Auffassung der Finanzverwaltung (Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 18.08.2009) Substanzausschüttungen nur dann vorliegen, wenn durch die Investmentgesellschaft nachgewiesen wird, dass beim Investmentvermögen keinerlei ausschüttbare Erträge aus den laufenden oder einem früheren Geschäftsjahr vorliegen und die Beträge der Substanzausschüttungen entsprechend § 5 Abs. 1 InvStG in der Feststellungserklärung aufgenommen werden, erkannte das Finanzamt eine solche nicht steuerbare Substanzausschüttung in Höhe des Differenzbetrages von 1.375.708 € nicht an. Denn im vorliegenden Fall waren noch ausreichend thesaurierte Rentenveräußerungsgewinne vorhanden, die vor dem Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren realisiert wurden und die seinerzeit erst bei Ausschüttung steuerpflichtig gewesen wären. Auch hatte die Klägerin in der Feststellungserklärung vom 20.03.2008 für die Ausschüttung vom 28.12.2007 keine Substanzausschüttung erklärt.
Entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt am 06.09.2011 einen Bescheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 15 Abs. 1 InvStG, in dem es...