vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 21/14)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelungen vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren soweit die Ausschüttung des Körperschaftsteuerguthabens auf ein Sechstel der Gewinnausschüttung beschränkt wird
Leitsatz (redaktionell)
- § 37 Abs. 2 S. 1 und § 40 Abs. 4 S. 1 KStG verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz.
- Die gesetzlichen Regelungen zur Berücksichtigung einer Körperschaftsteuerminderung gem. § 37 Abs. 2 S. 1 KStG in Höhe von einem Sechstel der Gewinnausschüttung bzw. der Liquidationsrate verstoßen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz auch wenn im Falle der Liquidation bei der Schlussverteilung kein ausreichendes Eigenkapital mehr vorhanden ist, um das verbleibende Körperschaftsteuerguthaben vollständig zu nutzen.
Normenkette
KStG § 37 Abs. 2 S. 1, § 40 Abs. 4 S. 1; StSenkG
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit im Rahmen einer Liquidation ein verbleibendes Körperschaftsteuerguthaben als Körperschaftsteuerminderungsbetrag i.S.d. §§ 37 Abs. 2, 40 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 16.05.2003 bis 12.12.2006 (KStG) trotz fehlenden Eigenkapitals (bzw. Liquidationsüberschusses) zu berücksichtigen ist und ob ein Anspruch auf Auszahlung des auf das Körperschaftsteuerguthaben entfallenden Guthabens an Solidaritätszuschlag besteht.
Gegenstand der durch Vertrag vom 31.08.1988 gegründeten Klägerin war die Beteiligung an anderen Gesellschaften, insbesondere an der A KG
(vormals KG) als persönlich haftende Gesellschafterin. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr A.A . Die Klägerin wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 15.06.2005 mit Wirkung zum 01.07.2005 aufgelöst. Herr A.A wurde zum Liquidator bestellt.
Die Schlussverteilung des Vermögens der Klägerin i.H.v. 1.138.491,-- EUR erfolgte am 24.08.2006. Es wurde an den Gesellschafter A.A ausgekehrt. Nach Abschluss der Liquidation wurde die Klägerin am 20.09.2006 im Handelsregister gelöscht. Zwischenzeitlich ist jedoch Herr A mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt X vom 26.05.2011 zum Nachtragsliquidator bestellt worden, weil Steuererstattungsansprüche gegen das Finanzamt geltend gemacht werden sollen.
Die Klägerin reichte für den Liquidationszeitraum vom 01.01.2005 bis 24.08.2006 am 25.08.2006 bei dem Finanzamt eine Körperschaftsteuererklärung sowie eine Erklärung zur gesonderten Feststellung gemäß §§ 27 Abs. 2 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 Satz 4 und 36 Abs. 7 KStG zum 24.08.2006 ein, in der sie selbst ein Körperschaftsteuerguthaben i.H.v. 172.392,-- EUR errechnet hatte. Das Finanzamt stellte mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27 Abs. 2 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 24.08.2006 vom 30.10.2006 einen Körperschaftsteuerguthaben i.H.v. 172.932,-- EUR fest. Dabei folgte es grundsätzlich der Erklärung der Klägerin und ging von einer Körperschaftsteuerminderung i.H.v. 1/6 des ausgekehrten Vermögens i.H.v. 1.138.491,-- EUR (189.749,-- EUR) aus. Insoweit ergab sich jedoch aus der damaligen Gesetzesgrundlage zum 24.08.2006 ein maximales Körperschaftsteuerguthaben i.H.v. 172.932,-- EUR. Mit dem Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 30.10.2006 setzte das Finanzamt dann eine Körperschaftsteuer i.H.v. -171.217,-- EUR fest. Der Bescheid enthielt einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich eines bei dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens
betreffend die Übergangsvorschriften vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (wegen des Inhalts der Bescheide im Einzelnen wird auf die Bescheide vom xxxx.2006, verwiesen). Im selben Bescheid setzte das Finanzamt den Solidaritätszuschlag auf 0,-- EUR fest.
Gegen die bezeichneten Bescheide legte die Klägerin keinen Einspruch ein. Sie hatte jedoch am 07.03.2003 gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens zum 31.12.2001 vom 24.02.2003 Einspruch eingelegt.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17.11.2009 unter dem Aktenzeichen I BvR 2192/05 die Verfassungswidrigkeit der §§ 36 Abs. 3 und 4 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 (BGBl. I 2000, 1433) festgestellt und der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2010 eine Neuregelung des § 36 Abs. 6a KStG und des § 37 Abs. 1 KStG vorgenommen hatte, änderte das Finanzamt zugunsten der Klägerin alle gesonderten Feststellungen der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG und die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27, 28 und 38 KStG für alle Feststellungszeitpunkte ab dem 31.12.2001 und damit auch auf den 24.08.2006 durch Bescheide vom 15.08.2011 und stellte ein verbleibendes Körperschaftsteuerguthaben i.H.v. 282.979,-- EUR fest. Als Änderungsnorm gab es den § 175 der Abgabenordnung (AO) an. Darüber hinaus änderte es den Körperschaftsteuerbescheid 2006 am 15.08.2011 unter Hinweis auf § 173 Abs. 1 ...