Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursvorrecht eines Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter das Konkursvorrecht des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO fallen nicht nur diejenigen öffentlichen Abgaben, die ausdrücklich als Steuer bezeichnet sind, sondern darüber hinaus auch solche öffentliche Abgaben, die durch ihren materiellen Regelungsinhalt einen Akt der Besteuerung darstellen und deshalb als steuerartige Abgaben bezeichnet werden.
2. Rückforderungs- und Erstattungsansprüche nach § 37 AO gehören zu den öffentlichen Abgaben i.S.d. § 61 Abs. 1 Nr. 2 Konkursordnung.
3. Ein Erstattungsanspruch des Finanzamts nach § 37 Abs. 2 AO wegen irrtümlicher Auszahlung von Guthaben an einen Dritten an Stelle des Erstattungsberechtigten wird nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO mangels Festsetzung diesen gegenüber mit seiner Entstehung fällig.
Normenkette
KO § 61 Abs. 1 Nr. 2; AO §§ 37, 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Erstattungsanspruch des Finanzamtes gegenüber der Firma GmbH u. Co KG bzw. gegenüber dem Kläger als deren Konkursverwalter bevorrechtigt nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 Konkursordnung - KO - ist.
Die Firma…GmbH u. Co KG war Rechtsnachfolgerin der Firma…GmbH . Am 16.07.1996 wurde die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens über das Vermögen sowohl der…KG als auch der…KG, eine Holding-Gesellschaft, die 100% der Anteile der…GmbH hielt, beantragt. Mit Beschluss vom 17.07.1996 wurde der Kläger zum vorläufigen Vergleichsverwalter beider Personengesellschaften bestellt. Noch im Juli 1996 richtete der Kläger bei der…jeweils ein Anderkonto für die…KG (Konto-Nr.: ...) und für die…KG (Konto-Nr.: ...) ein. Der Antrag auf Eröffnung eines Vergleichsverfahrens über das Vermögen der…KG wurde wenige Tage später zurückgenommen.
Aus der Körperschaftsteuerveranlagung der…GmbH für 1994 ergab sich ein Erstattungsanspruch zugunsten der GmbH in Höhe von…DM. Auf Nachfrage des Finanzamtes bei der…GmbH, auf welches Konto dieser Betrag erstattet werden solle, wurde dem Finanzamt aufgrund des zwischenzeitlich eröffneten Vergleichsverfahrens mit Schreiben vom 18.07.1996 mitgeteilt, dass die Erstattung auf das Konto der ..., Konto-Nr. , Kontoinhaber Rechtsanwalt ..., erfolgen solle. In Unkenntnis der zwischenzeitlichen Rücknahme des Vergleichsantrages bezüglich des Vermögens der…KG überwies das Finanzamt am 16.08.1996 das Guthaben aus der Körperschaftsteuerveranlagung der GmbH für 1994 in Höhe von…DM auf das Konto-Nr.…(Anderkonto der…KG). Am 01.10.1996 wurde über das Vermögen der…KG das Konkursverfahren eröffnet. Mit Verfügung vom 08.08.2000 meldete das Finanzamt im Konkursverfahren über das Vermögen der…KG einen Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abgabenordnung - AO - in Höhe von…DM zur Konkurstabelle an (Tag der Anmeldung: 11.08.2000) und beantragte zugleich die bevorrechtigte Befriedigung gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO. Der Kläger erkannte als Konkursverwalter der…KG die Forderung des Finanzamtes an, nicht aber das Vorrecht des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO. Daraufhin erließ das Finanzamt unter dem 06.06.2001 einen Bescheid, mit dem für die angemeldete Forderung über…DM das Vorrecht gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO festgestellt wurde. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt als unbegründet zurück, da zu den Steuern, die als öffentliche Abgabenforderungen ein Vorrecht genießen, auch der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO gehöre. Zahle die Finanzbehörde, wie im Streitfall, einen Erstattungsbetrag versehentlich nicht dem Berechtigten, sondern einem Dritten aus, bestehe gegen den Dritten ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch, weil die Finanzbehörde aufgrund eines vermeintlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs des Dritten gezahlt habe. Der Rückforderungsanspruch des Finanzamtes sei gleichsam die Umkehrung des Erstattungsanspruches und ebenfalls auf eine Geldleistung nach den Steuergesetzen gerichtet und damit bevorrechtigt im Sinn des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger vorträgt, nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO seien nur öffentliche Abgaben, insbesondere Steueransprüche, bevorrechtigt. Dieses Fiskusprivileg gelte aber nicht für alle öffentlich-rechtlichen Zahlungsansprüche, sondern nur für die, die Steuercharakter haben. Der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO sei ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und damit keine Steuer, sondern ein öffentlich-rechtlicher Anspruch, der nicht unter den Begriff „Abgabe” subsumiert werden könne. Das Fiskusprivileg des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO gelte eben nicht für alle Forderungen des Staates.
Der Kläger beantragt,
den Feststellungsbescheid vom 06.06.2001 bezüglich der Feststellung einer bevorrechtigten Befriedigung sowie die Einspruchsentscheidung vom 27.11.2001 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Bete...