Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur fortlaufenden, zeitnahen und gesonderten Aufzeichnung der betrieblichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei Freiberuflern
Leitsatz (redaktionell)
- Die Pflicht aus § 4 Abs. 7 EStG, die betrieblichen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fortlaufend und zeitnah gesondert aufzuzeichnen, gilt auch für die Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.
- Eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Positionen nach Abschluss des Veranlagungszeitraums genügt dieser Aufzeichnungspflicht nicht. Dies gilt auch für sog. Bagatellfälle bei Freiberuflern.
- Wird die Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt, scheidet der Abzug als Betriebsausgaben auch für die nach Anwendung des § 4 Abs. 5 EStG abzugsfähigen Aufwendungen aus.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, 5 S. 1 Nr. 6b, Abs. 7, § 18 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2017
Tatbestand
Der Kläger begehrt bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2017 (Streitjahr) den Abzug weiterer Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.
Der Kläger bewohnte im Streitjahr ein Eigenheim bestehend aus Keller, Erd- und Obergeschoss sowie ausgebautem Dachgeschoss. Er bezog im Streitjahr ein Ruhegehalt aus seiner früheren Tätigkeit als A und war weiterhin aktiv als B tätig. Diese Tätigkeit übte er in dem als Arbeitszimmer eingerichteten Dachgeschoss seines Eigenheims aus. Daneben nutzte der Kläger eine im Erdgeschoss gelegene Bibliothek.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger u.a. einen Verlust aus der freiberuflichen Tätigkeit als B in Höhe von … €. Dem lagen ausweislich der Angaben in der Anlage EÜR u.a. Absetzungen für Abnutzung auf unbewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von … € sowie Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (einschließlich AfA und Schuldzinsen) in Höhe von … € zugrunde. Dabei beruhte die angegebene Höhe der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach den späteren Ausführungen des Klägers im Einspruchsverfahren auf einer versehentlichen Verdoppelung der Aufwendungen in Höhe von … € durch das von ihm verwendete Steuererklärungsprogramm.
Mit Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 04.09.2018 setzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) Einkommensteuer in Höhe von … € fest. Dabei berücksichtigte das FA u.a. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von … €. In den Erläuterungen führte es aus, der Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit sei korrigiert worden. Der Anteil des Arbeitszimmers am Gebäude betrage 31,5 %, die Absetzungen für Abnutzungen somit … €. Die weiteren Betriebsausgaben für das Arbeitszimmer seien in Höhe von … € berücksichtigt worden. Für den weiteren Inhalt des Einkommensteuerbescheids wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 11 ff. der Steuerakte) verwiesen.
Am 15.09.2018 legte der Kläger hiergegen Einspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, im Hinblick auf den Anteil des Arbeitszimmers sei zu berücksichtigen sei, dass insoweit nicht die Wohnfläche, sondern die Nutzfläche maßgebend sei. Dies führe im Streitfall zu einer zu berücksichtigenden Fläche des Dachgeschosses von 95 m². Zudem sei mangels Erläuterung nicht nachzuvollziehen, ob alle geltend gemachten Aufwendungen oder Betriebsmittel berücksichtigt worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Gewerbeflächen, zu denen nach DIN 277 auch Arbeitszimmer gehörten, nicht nach der Wohn-, sondern nach der Nutzfläche zu berechnen, die sich aus den lichten Maßen zwischen den Bauteilen in Höhe der Bodenoberkanten ergebe. Die von dem FA im Verlauf des Einspruchsverfahrens zitierte BFH-Rechtsprechung stehe dem nicht entgegen, sondern differenziere ausdrücklich zwischen der Fläche des Arbeitszimmers und der Wohnfläche. Die Rechtsauffassung des FA sei nicht gesetzeskonform. Außerdem seien die nach Abzug des Anteils für das Arbeitszimmer verbleibenden Beträge für haushaltsnahe Dienstleistungen zu berücksichtigen sowie die Pauschalen für eine mehrtägige auswärtige Tätigkeit im Rahmen der Teilnahme an einem Workshop in C. Die Aufforderung zur Vorlage der Gesamtkosten sei unverständlich, weil in der Steuererklärung für das Streitjahr mit der Anlage EÜR die Einnahmen, Ausgaben sowie die Ausgaben für das Haus detailliert aufgeführt seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2019 setzte das FA die Einkommensteuer für das Streitjahr auf … € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte das FA, im Wesentlichen aus, der Anteil der Arbeitszimmer im Dachgeschoss und in einem Raum des Erdgeschosses an dem gesamten Gebäude betrage 30,02 %. Dabei sei der Anteil der Arbeitszimmer anhand der Wohnflächenverhältnisse zu ermitteln; diese werde entsprechend der vorliegenden Baupläne zugrunde gelegt. Da der Kläger weder Angaben über die lichte Höhe der Räume im Dachgeschoss gemacht noch eine detaillierte Grundrisszeichnung und ...