Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der schädlichen Einkünfte beim Bezug von Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Auch bei einer nur geringfügigen Überschreitung der Schädlichkeitsgrenze durch die eigenen Einkünfte und Bezüge eines in Ausbildung befindlichen Kindes besteht kein Anlass für eine Billigkeitsmaßnahme, weil ab Erreichen des Grenzbetrages davon auszugehen ist, dass es einer Familienförderung durch Gewährung von Kindergeld nicht mehr bedarf.
  2. Bei der Berechnung der Einkünfte eines in Ausbildung befindlichen Kindes sind alle Aufwendungen, die im Hinblick auf das Ausbildungsziel getätigt werden, als Werbungskosten zu berücksichtigen.
  3. Sind für die Dauer eines Ausbildungsdienstverhältnisses mehrere Bildungseinrichtungen für die Ableistung der Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis bestimmt, so stellt jede der Bildungseinrichtungen (hier: Betrieb und Berufsschule) spätestens nach Ablauf von drei Monaten eine eigene regelmäßige Arbeitsstätte mit der Folge dar, dass Fahrten von der Wohnung zu jeder der Arbeitsstätten der Pauschalierung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG unterliegen.
  4. Schul- bzw. Semesterferien führen, auch wenn sie länger als vier Wochen dauern, entsprechend der Regelung des Abschn 37 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 LStR nicht zu einem Neubeginn der Drei-Monats-Frist.
 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1 S. 2, § 32 Abs. 4 S. 2, § 62 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

2000

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Anspruch auf Kindergeld zu versagen ist, weil die Einkünfte bzw. Bezüge des Kindes die Schädlichkeitsgrenze im Sinne von § 63 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) übersteigen.

Der Kläger beantragte für seinen am .06.1980 geborenen Sohn S Kindergeld für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.07.2001. S absolvierte vom 01.08.1998 bis zum 31.07.2001 eine Berufsausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Der Kläger und sein Sohn gaben für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.12.2000 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Sohnes Einnahmen in Höhe von 17.374,-- DM und als Werbungskosten hierfür 5.569,-- DM an, die sich wie folgt zusammensetzen:

a) Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (165 Tage x 2 km x 0,70 DM)

231,-- DM

b) Fahrten zur Berufsschule (80 Tage x 42 km x 2 x 0,52 DM)

3.495,-- DM

Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von mehr als 10 Stunden (80 Tage x 10,-- DM)

800,-- DM

c) Kosten für Arbeitsmittel

328,-- DM

d) Fortbildungskosten

715,-- DM

5.569,-- DM

Die aus der Gegenüberstellung dieser Einnahmen und Werbungskosten in Höhe von 11.805,-- DM resultierenden Einkünfte Ss erkannte der Beklagte bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hinsichtlich der Werbungskosten nur in Höhe von 3.626,-- DM an und errechnete die maßgeblichen Einkünfte folglich mit 13.748,-- DM.

Im Einzelnen setzt sich der vom Bekl. berechnete Gesamtbetrag der Werbungskosten wie folgt zusammen:

anerkannt

nicht anerkannt

a) Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte(165 Tage x 2 km x 0,70 DM)

231,-- DM

b) Fahrten zur Berufsschule (80 Tage x 42 km x 0,70 DM)

2.352,-- DM

1.143,-- DM

Verpflegungsmehraufwendungen

0,-- DM

800,-- DM

Kosten für Arbeitsmittel

328,-- DM

Fortbildungskosten

715,-- DM

3.626,-- DM

1.943,-- DM

Der Bekl. gelangte daher zu der Auffassung, dass im Jahr 2000 der Grenzbetrag anspruchsunschädlicher Einkünfte bzw. Bezüge von 13.500,-- DM überschritten sei und setzte mit Verfügung vom 25.01.2001 das Kindergeld für S mit Wirkung ab 01.01.2000 auf 0,-- DM fest.

Für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.07.2001 gaben der Kläger und sein Sohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Sohnes Einnahmen in Höhe von 11.432,-- DM und als Werbungskosten hierfür 3.728,-- DM an, die sich wie folgt zusammensetzen:

a) Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (97 Tage x 2 km x 0,70 DM)

136,-- DM

b) Fahrten zur Berufsschule (47 Tage x 42 km x 2 x 0,58 DM)

2.290,-- DM

Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von mehr als 10 Stunden (47 Tage x 10,-- DM)

470,-- DM

c) Kosten für Arbeitsmittel

117,-- DM

d) Fortbildungskosten

715,-- DM

3.728,--DM

Die aus der Gegenüberstellung dieser Einnahmen und Werbungskosten in Höhe von 7.704,-- DM resultierenden voraussichtlichen Einkünfte Simons erkannte der Bekl. bei der Prognose-Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hinsichtlich der Werbungskosten nur in Höhe von 2.501,-- DM an und errechnete die maßgeblichen Einkünfte folglich mit 8.931,-- DM.

Im Einzelnen setzt sich der vom Bekl. prognostizierte Gesamtbetrag der Werbungskosten für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.07.2001 wie folgt zusammen:

anerkannt

nicht anerkannt

a) Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (97 Tage x 2 km x 0,70 DM)

136,-- DM

b) Fahrten zur Berufsschule (47 Tage x 42 km x 0,70 DM)

1.533,-- DM

757,-- DM

Verpflegungsmehraufwendungen

0,-- DM

470,-- DM

c) Kosten für Arbeitsmittel

117,-- DM

d) Fortbildungskosten

715,-- DM

2.365,-- DM

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