rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein Kind, das sich im Selbstunterricht auf das Abitur vorbereitet
Leitsatz (redaktionell)
- In Berufsausbildung befindet sich ein Kind, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet.
- Bereitet sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbstständig auf seine Prüfungen vor, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die Gesamtkonzeption und die tatsächlichen Durchführung der Ausbildung den Anforderungen eines ernsthaften Selbststudiums genügen.
- Zweifel an dem Nachweis der Ernsthaftigkeit der Vorbereitungsarbeiten gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zulasten des Kindergeldberechtigten.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Kindergeld für seinen Sohn M (geboren am ...1989). Dabei geht es um die Frage, ob der Kindergeldanspruch für einen bestimmten Zeitraum deshalb entfallen ist, weil die Bemühungen, die M im Rahmen eines auf Selbstunterricht aufbauenden Lehrgangs erbracht hat, nicht die Merkmale einer Ausbildung erfüllen sollen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
M besuchte bis zum Juni 2008 die gymnasiale Oberstufe der L-Schule in T. Er musste die Schule verlassen, weil er während des Schuljahres 2007/2008 91 Stunden (davon 50 unentschuldigt) versäumt hatte. Im Juni 2009 meldete er sich bei dem … in … (im Folgenden: „Institut”) zu einem Vorbereitungslehrgang für das Abitur an.
Die Beklagte (die Familienkasse) hatte das Kind M betreffend zuletzt für die Zeit ab dem Monat September 2008 Kindergeld festgesetzt. Als Nachweis zum Weiterbestehen des Kindergeldanspruchs hatte der Kläger im September 2009 eine Bescheinigung des „Instituts” (ausgestellt am 24.09.2009) der Familienkasse vorgelegt. Hieraus ergibt sich im Wesentlichen folgendes: Es handelt sich um einen Vorbereitungslehrgang auf die staatliche Abiturprüfung. Während des Lehrgangs wird der Teilnehmer mit allen Wissensgebieten, die für einen erfolgreichen Abschluss erforderlich sind, vertraut gemacht. Der Lehrgang hat eine Regelstudiendauer von 30 Monaten (bzw. 5 Semestern). Nach Ablauf dieser Zeit können die Leistungen des „Instituts” weitere 18 Monate kostenlos in Anspruch genommen werden. Das Lehrmaterial ist fernschulgerecht aufgebaut. Die Organisationsform ist mit der einer herkömmlichen Schule nicht zu vergleichen. Die eingereichten Aufgabenlösungen werden zwar korrigiert und zensiert, Dauer und Abstände der Einreichung von Aufgabenlösungen werden aber nicht vorgeschrieben. Die Dauer der Ausbildung liegt allein im Verantwortungsbereich des Teilnehmers. Um den Lehrgang in der Regelstudiendauer zu absolvieren, sind ca. 20 bis 25 Stunden pro Woche an Arbeitszeit aufzuwenden.
Im Laufe des Jahres 2011 nahm die Familienkasse Ermittlungen zum Weiterbestehen des Kindergeldanspruchs auf. In diesem Zusammenhang legte der Kläger zwei weitere Teilnahmebescheinigungen des „Instituts” vor. Auf entsprechende Fragen der Familienkasse gab er zudem umfangreiche Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse seines Sohnes. Auch das „Institut” erteilte Auskünfte zu den Ausbildungsbemühungen, die M im Rahmen seines Vorbereitungslehrganges bisher erbracht hatte.
Aufgrund der vorgenannten Ermittlungen gelangte die Familienkasse zu der Auffassung, M habe während der Zeit vom Juni 2009 bis zum Juli 2011 die Merkmale einer Ausbildung nicht erfüllt. Deshalb erließ sie am 24.02.2012 einen Bescheid, in dem sie die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat Juni 2009 aufhob und das für die Monate Juni 2009 bis Juni 2011 ausgezahlte Kindergeld (in Höhe von 4.460,00 €) zurückforderte. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Da es sich bei dem von dem „Institut” angebotenen Lehrgang nicht um eine schulische Ausbildung handele und die Dauer und Intensität der Ausbildung ausschließlich dem Teilnehmer überlassen seien, bestehe ein Anspruch auf Kindergeld nur dann, wenn die Ernsthaftigkeit des Lehrgangs anhand entsprechender Nachweise belegt werde. Maßstab für die Ernsthaftigkeit sei dabei insbesondere die Zeit, die der Teilnehmer für die angestrebte Ausbildung aufwende. So müsse die Ausbildung den Teilnehmer derart in Anspruch nehmen, dass ein direkter Bezug zum Berufsziel erkennbar und Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit ausgeschlossen seien. Im Streitfall sei man bei der Kindergeldfestsetzung zunächst davon ausgegangen, dass der Sohn des Klägers die Ausbildung bei dem „Institut” in der Regelstudiendauer absolvieren und somit im Juni 2011 abschließen werde. Nach den bisher vorliegenden Unterlagen stelle sich diese Annahme nunmehr als nicht gerechtfertigt heraus. Insofern sei die erforderliche Ernsthaftigkeit der Ausbildung nicht zu erkennen.
Am 08.03.2012 erließ die Familienkasse einen weiteren Bescheid, durch den sie betreffend das Kind M für die Zeit ab dem Monat August 2011 wiederum Kindergeld fest...