Leitsatz
Bereitet sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbstständig auf seine Prüfungen vor, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die Gesamtkonzeption und die tatsächlichen Durchführung der Ausbildung den Anforderungen eines ernsthaften Selbststudiums genügen. Zweifel an dem Nachweis der Ernsthaftigkeit der Vorbereitungsarbeiten gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast zulasten des Kindergeldberechtigten
Sachverhalt
Die Familienkasse (FK) hat die Gewährung von Kindergeld für den Sohn des Klägers für den Zeitraum vom Juni 2009 bis Juli 2011 versagt, da in dieser Zeit die Bemühungen, die der Sohn im Rahmen eines auf Selbstunterricht aufbauenden Lehrgangs erbracht hat, nicht die Merkmale einer Ausbildung erfüllt hätten. Zur Begründung verwies die FK darauf, dass es sich bei dem Lehrgang nicht um eine schulische Ausbildung handele und die Dauer und Intensität der Ausbildung ausschließlich dem Teilnehmer überlassen sei. Ein Anspruch auf Kindergeld bestehe nur dann, wenn die Ernsthaftigkeit des Lehrgangs anhand entsprechender Nachweise belegt werde. Dies sei erst ab August 2011 durch regelmäßige Aufgabeneinsendungen der Fall gewesen. Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass der Sohn im Streitzeitraum das an Ernsthaftigkeit aufgewandt habe, zu dem er aufgrund seiner Lebenssituation im Stand gewesen sei.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen für ein ernsthaftes Selbststudium nicht vor. Der Lehrgang umfasste insgesamt 153 Einsendeaufgaben, die innerhalb einer Regelstudienzeit von 30 Monaten durch den jeweiligen Teilnehmer angefertigt werden sollen. Der Sohn des Klägers hat in den ersten 26 Monaten (Juni 2009 bis Juli 2011) lediglich drei Arbeiten eingereicht. Wie hoch der Arbeitseinsatz pro Monat sein müsste, um als ernsthaft im Sinne der hier maßgebenden Grundsätze zu gelten, braucht das FG für den Streitfall nicht zu entscheiden. Die Abgabe von drei Arbeiten in 26 Monaten reicht jedenfalls nicht aus. Im Streitfall ist auch nicht feststellbar, dass der Sohn durch eine bestimmte Krankheit gehindert gewesen wäre, den Vorbereitungslehrgang mit der hier gebotenen Ernsthaftigkeit weiter zu betreiben. Zwar hat der Kläger der FK mitgeteilt, der Sohn sei psychisch erkrankt und habe deshalb "die geforderten Leistungspakete" nicht erbringen können. Konkrete Nachweise hierzu hat er dann aber nicht erbracht.
Hinweis
Das Urteil das FG zeigt deutlich, wie wichtig es im Falle eines Selbststudiums für den Nachweis der Ernsthaftigkeit der Ausbildung ist, entsprechende Beweisvorsorge zu treffen, da Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbststudiums bzw. an dem Nachweis einer krankheitsbedingten Verhinderung nach Auffassung des FG zulasten des Kindergeldberechtigten gehen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 15.05.2014, 3 K 1574/12