rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit bei Beförderungsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 17b UStG tritt nur bei der Beförderung akut erkrankter und verletzter Personen ein.
2. Fahrzeuge erfüllen nur dann die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 17b UStG, wenn sie nach ihrer gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung von verletzten und kranken Personen bestimmt sind.
3. Umbauten, die eine Nutzung des Fahrzeugs auch zu anderen Zwecken nicht ausschließen und die mit relativ geringem Aufwand wieder rückgängig zu machen sind, stellen keine besonderen Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 17b UStG dar.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 17b; UStR Abschn. 102 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 A
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Umsätze der Klägerin aus Beförderungen körperlich und geistig Behinderter mit hierfür umgebauten Fahrzeugen nach § 4 Nr. 17 b UStG steuerbefreit sind.
Die Klägerin führt mit eigenen Fahrzeugen die Beförderung von körperlich und geistig Behinderten zu Therapiezentren durch. Im Streitjahr verwendete sie zur Beförderung zwei Kombifahrzeuge (üblicherweise als Kleinbusse bezeichnet), die wie folgt umgebaut worden sind:
Anstelle der Sitzbank für drei Personen im hinteren Bereich der Fahrzeuge wurden dort zwei Einzelsitze montiert, die jeweils anstelle herkömmlicher Dreipunktgurte mit Hosenträgergurten ausgestattet sind. Im übrigen Laderaum sind zwei Schienen und Befestigungen am Fahrzeugboden montiert, die es ermöglichen, zwei Rollstuhlfahrer in ihren eigenen Rollstühlen zu befördern. Zu diesem Zweck sind im Bereich der Hecktüren zusätzliche Halterungen angebracht, die der Aufnahme von zwei klappbaren Auffahrrampen für die Rollstühle dienen, die nach deren Benutzung auf dem Fahrzeugboden abgelegt werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschreibungen und die Lichtbilder auf Bl. 23 bis 31 der vom FA vorgelegten Umsatzsteuerakte Bezug genommen. In den Fahrzeugscheinen ist der Umbau zum Transport von Rollstuhlfahrern vermerkt (siehe Bl. 32 bis 33 der Umsatzsteuerakte). Die beiden Fahrzeuge werden für zwei Touren eingesetzt. Mit der ersten Tour werden regelmäßig fünf Personen und mit der zweiten Tour regelmäßig vier Personen befördert, von denen jeweils zwei Rollstuhlfahrer sind.
Die Klägerin hat die Beförderungen als steuerfrei behandelt. Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die Steuerbefreiung sei zu versagen, da die Fahrzeuge nur teilweise Umbauten aufwiesen und deshalb nicht den in Abschn. 102 Abs. 1 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) genannten Anforderungen entsprächen. Danach ist ein Fahrzeug für die Beförderung von kranken und verletzten Personen besonders eingerichtet, „wenn es durch die vorhandenen Einrichtungen die typischen Merkmale eines Krankenfahrzeugs aufweist, z.B. Liegen, Spezialsitze. Zu den Krankenfahrzeugen gehören danach nur solche Fahrzeuge, die nach ihrer gesamten Bauart und Ausstattung speziell für die Beförderung verletzter und kranker Personen bestimmt sind.” In Abschn. 102 Abs. 2 UStR wird darüber hinaus ausgeführt, dass die Steuerbefreiung nicht nur für die Beförderung von akut erkrankten und verletzten Personen gelte, sondern auch für die Beförderung von Personen, die wegen einer Körperbehinderung auf die Beförderung mit Krankenfahrzeugen angewiesen sind, z.B. Querschnittsgelähmte.
Das FA schloss sich der von der Prüferin vertretenen Auffassung an und unterwarf die Beförderungsleistungen mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.5.1999 der Umsatzsteuer.
Den von der Klägerin hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8.November 1999 als unbegründet zurück. Wegen des Inhalts der Entscheidung wird auf Bl. 40 bis 42 der Umsatzsteuerakte Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Zur Begründung führt sie aus, das FA verkenne, dass der Bundesfinanzhof in dem in der Einspruchsentscheidung angeführten Urteil vom 16. November 1989 V R 9/85 - BStBl II 1990, 255 - ausdrücklich offen gelassen habe, ob § 4 Nr. 17 b UStG zur Voraussetzung habe, dass die zum Transport verwendeten Fahrzeuge nach ihrer gesamten Bauart die typischen Merkmale eines Krankenfahrzeuges aufweisen müssten.
Die Klägerin macht geltend, die von der Verwaltung vertretene Auffassung sei zu eng finde im Gesetz keine Stütze. Vielmehr müsse es bereits ausreichen, dass die Fahrzeuge besondere Einrichtungen aufwiesen, die der Beförderung von Kranken bzw. Behinderten dienten.
Unabhängig davon erfüllten die von der Klägerin eingesetzten Fahrzeuge aber auch die von der Verwaltung aufgestellten Erfordernisse. Um Rollstuhlfahrer in ihren eigenen Rollstühlen transportieren zu können, seien die Fahrzeuge mit erheblichem technischen und finanziellen Aufwand umgerüstet worden und verfügten neben der Rampe und den Schienen für die Rollstühle nur noch über jeweils zwei zusätzliche Sitze zum Transport von Behind...