rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Nachweis formunwirksame Vermächtnisse und Schenkungsversprechen als abzugsfähige Schulden
Leitsatz (redaktionell)
- Eine ggf. trotz Formunwirksamkeit als Nachlassverbindlichkeit abziehbares „mündliches Vermächtnis“ an Enkel liegt nicht vor, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten eine Zahlung vornehmen wollte, die um die Zahlung gebetene Person (hier: der Sohn der Erblasserin) die Zahlung aber nicht durchgeführt hat.
- Formunwirksame Schenkungsversprechen sind als Erblasserschuld abzugsfähig, wenn der Erbe diese unter Anerkennung und Beachtung des Erblasserwillens erfüllt. Der Erbe (hier der Sohn) trägt die Feststellungslast dafür, dass die durch ihn die erfolgte Zahlung auf einer entsprechenden Äußerung des Erblassers beruht.
Normenkette
ErbStG § 10 Abs. 5
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob vom Kläger geltend gemachten Zahlungen auf Anordnung der Erblasserin erfolgten und daher als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist aufgrund eines privatschriftlichen Testaments vom … Alleinerbe der am … verstorbenen A (Erblasserin). Im Rahmen seiner Erbschaftsteuererklärung vom 08.05.2017 machte der Kläger als Nachlassverbindlichkeiten Zahlungen an Frau B und Frau C in Höhe von je … € als Nachlassverbindlichkeiten geltend.
Mit Bescheid vom 01.06.2017 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von … € fest, ohne die geltend gemachten Zahlungen bereicherungsmindernd zu berücksichtigt. In den Erläuterungen des Bescheids heißt es hierzu: „In dem mir vorliegenden Testament vom … hat die Erblasserin Sie als Alleinerbe eingesetzt und keine Vermächtnisse ausgesprochen. Vermächtnisse, d.h. die durch Testament (§ 1939 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) oder Erbvertrag (§ 1941 BGB) verfügten Zuwendungen von einzelnen Vermögensvorteilen sind zivilrechtlich nur wirksam. wenn sie den gesetzlichen Formerfordernissen entsprechen. Ein nur mündlich verfügtes Vermächtnis ist nichtig (§ 125 BGB).“ Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Aktenausfertigung des Steuerbescheids (Bl. 57 f. der Erbschaftsteuerakte) verwiesen.
Mit seinem Einspruch vom 06.06.2016 wandte sich der Kläger u.a. gegen die Nichtberücksichtigung der Zahlungen als Nachlassverbindlichkeiten. Zur Begründung trug er vor, die Erblasserin habe hochbetagt und körperlich stark eingeschränkt, aber geistig klar in einem Seniorenstift gewohnt. Über Kontakte habe sie nur im ganz geringen Umfang verfügt; er selbst sei in den letzten Jahren wohl ihr einziger Besucher gewesen. Anlässlich seines Besuchs am … habe sie ihm aufgegeben, jeweils … € an die Geschwister B/C, die Enkelinnen des Klägers, auszuzahlen. Nachdem dies nicht geschehen sei, habe sie diesen Auftrag am … wiederholt. Die Ausführung des Auftrags habe er aber bis zum Tod der Erblasserin zurückgestellt. Zwar sei er bevollmächtigt gewesen, Geldabhebung vom Konto der Erblasserin vorzunehmen. Da das Vermögen der Erblasserin während ihres Heimaufenthaltes jedoch stetig abgenommen habe, habe er sich aber verpflichtet gefühlt, finanzielle Sorge dafür zu tragen, dass die Mittel der Erblasserin bis zu ihrem Lebensende reichten. Zu diesem Zeitpunkt habe er zudem keine Kenntnis gehabt, dass er die Erblasserin beerben würde. Ihm sei lediglich ein früheres Testament der Erblasserin bekannt gewesen, durch das sie ihre Großnichten als Erben und ihn als Testamentsvollstrecker eingesetzt habe. Auch seiner Sicht seien die Anweisungen, seinen Enkelinnen je … € zukommen zu lassen, Schenkungsversprechen gewesen, die er auch nach dem Tod der Erblasserin sicher habe ausführen können, da er – seiner damaligen Kenntnis nach - zum Testamentsvollstecker bestimmt worden sei und dieses Amt – bis zum späteren Auffinden des Testaments vom … - auch innegehabt habe. Gleichzeitig sei er der Ansicht gewesen, dass die Großnichten der Erblasserin, als seiner Kenntnis nach eingesetzten Erbinnen, nach dem Tod der Erblasserin früheren Vermögensübertragung hätten zustimmen müssen. Dem Verlangen der Erblasserin sei er (der Kläger) schließlich durch Überweisung der Geldbeträge im März … nachgekommen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass auch formunwirksame Schenkungsversprechen und Vermächtnisse der Besteuerung zugrunde zu legen seien, wenn diese - wie im Streitfall geschehen - tatsächlich durchgeführt worden seien. Insoweit verwies der Kläger u.a. auf die Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 22.09.2010 II R 46/09 und vom 23.06.2015 II R 52/13. Zum Nachweis der tatsächlichen Durchführung verwies der Kläger auf die der Erbschaftsteuererklärung in Kopie beiliegenden Kontoauszüge der Bank, konkret auf den Kontoauszug vom …, Seite 3 (Bl. 30 der Erbschaftsteuerakte).
Dem Einspruch gab das FA - aus anderen, im vorliegenden Verfahren nicht streitigen Gründen - teilweise statt und setzte mit geändertem...