Entscheidungsstichwort (Thema)

Zolltarifliche Einordnung eines Rückenstützgurtes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Rückenstützgurt mit einsetzbarer Pelotte und thermoplastischer Einlage, dessen Einsatz eine individuelle Anpassung erfordert und dessen gesundheitsfördernde Wirkung nicht allein von der Elastizität des Gewebes hervorgerufen wird ist in die Position 9021 der Kombinierten Nomenklatur einzuordnen.

 

Normenkette

EGV 834/95; KN 9021

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die zolltarifliche Einordnung eines überwiegend aus elastischen Material bestehenden Rückenstützgurtes mit einem im rückwärtigen Teil eingenähten starren Kunststoffstab und einer Pelottentasche in die Pos. 9021 der kombinierten Nomenklatur.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet, denn der streitgegenständliche Rückenstützgurt ist in Anwendung der dem entscheidenden Senat durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgegebenen Kriterien in die Position 9021 KN einzureihen.

Da die streitige Ware weder in den Positionen der Kombinierten Nomenklatur noch in den Anmerkungen zu ihren Abschnitten oder Kapiteln ausdrücklich genannt ist, hat der Gerichtshof aus den in den Erläuterungen zum Harmonisierten System enthaltenen Hinweisen die Abgrenzungskriterien entwickelt, die für die Entscheidung des konkreten Falles nunmehr anzuwenden sind. Dabei leitet der Gerichtshof aus den Erläuterungen zum Harmonisierten System ab, dass zu Kapitel 90 KN eine Reihe von Instrumenten und Apparaten gehörten, die sich im allgemeinen vor allem durch ihre sorgfältige Fertigung und ihre große Präzision kennzeichneten. So zeigten auch die Erläuterungen zu Position 9021 KN, dass dort keine gewöhnlichen Waren eingereiht werden dürften, also einfache Waren, denen die Kennzeichen fehlten, die in der Erläuterung I zu Position 9021 erwähnt werden.

Nach dieser Erläuterung wird für einige der in der Auflistungen enthaltenen Beispiele gefordert, dass die fragliche Ware maßgerecht gefertigt sein müsse. Dies gilt z.B. für orthopädische Schuhe und Spezialeinlagen. Für die meisten aufgezählten Waren hingegen sei dieses Erfordernis einer maßgerechten Anfertigung nicht vorgesehen.

So werde für die medizinisch chirurgischen Korsette und Gürtel in der Erläuterung I zu Position 9021 ausgeführt, dass zu dieser Position diejenigen gehörten, die sich durch Komponenten kennzeichnen, die den Bedürfnissen des Patienten angepasst werden können. Der Gerichtshof zitiert insoweit wörtlich die unter 20.1 enthaltene Erläuterung, wonach die spezielle Konzeption dieser Waren einer bestimmten orthopädischen Funktion entspricht, woraus sich dann die Unterscheidung zu den gewöhnlichen Korsetten und Gürteln ergibt.

Der Gerichtshof hält es hinsichtlich der Frage, wann die Anpassung an Funktionsschäden erfolgt, für nicht ausschlaggebend, ob dies bereits bei der Herstellung der Ware der Fall ist. Bei vorgefertigten Waren kann es auch später, insbesondere bei ihrem Einsatz, mit Hilfe besonderer Mechanismen, die die Ware hierfür vorsieht, erfolgen. Dabei genügt es sogar, dass der Patient selbst diese Anpassung vornimmt.

Den vorstehend aufgezeigten Vorgaben sowie den Kriterien, wie sie sich aus dem Leitsatz der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ergeben, entspricht der Rückenstützgurt.

Nach den von der Klägerin vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen wird der Rückenstützgurt zur Entlastung der Muskulatur und entsprechenden Abstützung bei lumboischialgieformen Beschwerden sowie nach Bandscheibenoperationen eingesetzt. Bandscheibenoperationen und Rückenbeschwerden insgesamt stellen nicht nur eine schmerzhafte Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens dar, sondern führen auch zu einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Rückgrades und damit der Bewegungsmöglichkeiten. Der stets ärztlich verordnete Rückenstützgurt gibt insbesondere bei Verwendung der thermoelastischen Pelotte der Wirbelsäule Halt. Es kommt hinzu, dass die Zusammensetzung des für diesen Rückentstützgurt verwendeten Materials diesen Körperbereich wärmt, ohne dass sich zwischen dem Stützgurt und der Haut Feuchtigkeit ansammeln kann. Die Wärme wiederum trägt maßgeblich zum Heilungsprozess bei. Die stützende und haltende Wirkung des Gurtes und der Pelotte vermindern die Schmerzen, sodass dadurch die Bewegungsfreudigkeit einschließlich der Möglichkeit, trotz der Rückenbeschwerden Sport auszuüben, gefördert wird.

Dies gilt in vergleichbarer Weise für den Rückenstützgurt mit eingesetzter Soft-Pelotte. Hier wirkt der durch die relativ starre Pelotte ausgeübte Druck im jeweiligen Bereich schmerzlindernd.

Die vorstehend beschriebenen Wirkungen könnten allein von der Elastizität des Gewebes nicht hervorgerufen werden.

Der Einsatz des Rückenstützgurtes fordert jeweils eine individuelle Anpassung. Dabei sieht der Senat in dem Rückenstützgurt und insbesondere der thermoplastischen Einlage eine Einheit. Die spezielle Konzeption dieses Rückenstützgurtes ist darauf ausgerichtet, dass er entweder mit der thermoplastisch...

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