rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit einer Rollstuhlrampe als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen eines auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesenen Steuerpflichtigen für die nachträgliche Errichtung einer an das Wohngebäude angebauten Rampe können eine außergewöhnliche Belastung darstellen.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 2 S. 2
Streitjahr(e)
2001
Tatbestand
Die für das Streitjahr 2001 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger streiten mit der beklagten Behörde (dem Finanzamt) um die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine Rollstuhlrampe als außergewöhnliche Belastung.
Für die Klägerin wurde vom zuständigen Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 80 v.H. sowie eine außergewöhnliche Gehbehinderung (Merkzeichen aG) festgestellt. Im Streitjahr errichteten die Kläger eine zum Eingangsbereich ihres selbst genutzten Einfamilienhauses führende Rollstuhlrampe. Das bis zum Veranlagungszeitraum 2000 nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) geförderte Objekt war von den Klägern im Jahr 1993 erworben worden. Die Rampe verläuft serpentinenartig mit zwei Kehren zum Balkon des Gebäudes, der sich unmittelbar links neben der Eingangstür befindet. Das Haus ist seither sowohl über die Treppe als auch über die Rampe zugänglich. Die Aufwendungen für die Errichtung dieser Rampe in Höhe von 2.395,- DM machten die Kläger neben anderen unstreitigen Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Zur Begründung verwiesen sie auf die (im Einspruchsverfahren vorgelegte) ärztliche Bescheinigung einer neurologischen Fachklinik vom 4.7.2003, wonach die Klägerin an einer chronischen Erkrankung leidet, seit vier Jahren auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist und aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage ist, das Haus ohne Rampe zu verlassen.
Das Finanzamt versagte im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 22.5.2003 den begehrten Abzug unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 23.6.1994 3 K 2008/93, Entscheidungen der Finanzgerichte – FG – 1994, 1092, sowie das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10.10.1996 III R 209/94, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1997, 491). Der hiergegen von den Klägern eingelegte Rechtsbehelf blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 22.7.2003).
Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, dass auf ihren Fall nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Gegenwerttheorie nicht anzuwenden sei. Zudem könne der Auffassung des Finanzamts, nach der die hergestellte Rollstuhlrampe nicht nur für die behinderte Person einen Wert habe, sondern auch durch andere Personen (Behinderte, ältere Menschen) nutzbar sei, nicht gefolgt werden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2001 vom 22.5.2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22.7.2003 die Einkommensteuer für das Jahr 2001 auf 13.747,- DM (entspricht 7.028,73 EUR) herabzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es teilt die im Urteil des Hessischen Finanzgerichts in EFG 1994, 1092 vertretene Auffassung, wonach ein behinderter Steuerpflichtiger durch die Aufwendungen für den Bau einer Rollstuhlrampe als weiteren Zugang zu seinem Einfamilienhaus einen Gegenwert erhalte, weil die Rampe die Benutzbarkeit und den Wert des Hauses nicht nur für ihn, sondern allgemein verbessere. Wie bereits das Finanzgericht in dem entschiedenen Fall festgestellt habe, zeige ein Blick in die Altersstruktur unserer Gesellschaft, dass die Zahl alter und gleichzeitig auch gebrechlicher Menschen relativ und absolut gegenüber früheren Zeiträumen gestiegen sei. Daraus folge, dass der Bau einer Rollstuhlrampe als behindertengerechter Zugang zum Haus nicht nur den jetzigen Eigentümern des Hauses, besonders der Klägerin, diene, sondern dass im Fall des Verkaufs des Einfamilienhauses für dieses Grundstück ein eigener Marktwert bestehe, der es potenziellen Erwerbern ersparen würde, den Zugang zum Haus für ihre Bedürfnisse umzubauen. Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts stehe auch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH sowie der Rechtsprechung der übrigen Finanzgerichte. Danach stellten Aufwendungen für Baumaßnahmen wegen der behindertengerechten Gestaltung eines Hauses, die bereits im Rahmen des Neubaus erfolgen oder nachträglich zu einer baulichen Umgestaltung oder Erweiterung eines bereits bestehenden Gebäudes führen, keine als außergewöhnliche Belastung abziehbare Krankheitskosten dar. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung setze u.a. voraus, dass ausgeschlossen sei, dass die durch die Aufwendungen geschaffenen Einrichtungen jemals wertbildende Faktoren für das Haus darstellen könnten; wenn also eindeutig „verlorener Aufwand” vorliege. Dies sei nicht der Fall, wenn sich die Sonderausstattung des Einfamilienhauses (hier mit der Rampe) im Falle eines Verkaufs im Veräußerungspreis positiv niederschlage.
Die vom Finanzamt für die Kläger geführten Einkommensteuerakten haben dem Senat vorgelegen und w...