vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 43/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 2 Buchst. a GewStG bei Ausschüttungen einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Der besondere Kürzungstatbestand nach § 9 Nr. 7 S. 1 HS 2 Gewerbesteuergesetz i.V.m. der Mutter-Tochter-Richtlinie setzt voraus, dass sich sowohl der Sitz als auch die Geschäftsleitung der ausschüttenden Tochtergesellschaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat befindet.
- Wohnt der einzige gesetzliche Vertreter und Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft, die keiner aktiven Tätigkeit nachgeht und deren Tätigkeit sich wirtschaftlich auf die Verwaltung ihrer eigenen Beteiligungen beschränkt im Inland und ist er zugleich als Prokurist der im Inland ansässigen Muttergesellschaft bestellt spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass der maßgebliche geschäftliche Wille ausschließlich im Inland gebildet wird.
- Gemessen am Gesetzeszweck der Vermeidung einer doppelten gewerbesteuerlichen Belastung muss der Begriff der ”inländischen Kapitalgesellschaft“ zweckentsprechend dahingehend ausgelegt werden, dass hierunter nicht nur in Deutschland gegründete Kapitalgesellschaften mit inländischer Geschäftsleitung fallen, sondern der Anwendungsbereich auch für im Ausland gegründete Rechtssubjekte eröffnet ist, die im Wege einer Rechtstypenvergleichs mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind und deren Geschäftsleitung sich im Sinne des § 10 AO im Inland befindet.
Normenkette
GewStG § 9 Nrn. 2a, 7
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die gewerbesteuerliche Kürzung empfangener Gewinnausschüttungen einer ausländischen Kapitalgesellschaft.
Die Klägerin ist eine durch Gesellschaftsvertrag von 2000 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit inländischem Sitz und inländischer Geschäftsleitung, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere in Gestalt des Erwerbs und der Verwaltung von eigenem Grundbesitz sowie die umfängliche oder (zusammen mit Drittinvestoren) anteilige Beteiligung an in- und ausländischen Gesellschaften ist, die Grundbesitz erwerben und verwalten. Das Portfolio der Klägerin ist Teil der Investment-Gruppe. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin entspricht dem Kalenderjahr.
Im streitigen Erhebungszeitraum 2009 war die Klägerin zur 100% des – nach Art. 124 des belgischen Handelsgesetzbuches wie bei einer Kapitalgesellschaft in Anteile zerlegten – gezeichneten Kapitals an der im Jahre 2007 gegründeten belgischen Personengesellschaft BVBA beteiligt, die steuerrechtlich unstreitig als Kapitalgesellschaft zu behandeln ist (vgl. BFH vom 05.03.2008 – I R 54-55/07, BFH/NV 2008, 1487) und deren statutarischer Sitz im belgischem Handels- und Gesellschaftsregister unter der Anschrift …. in Belgien eingetragen war. Alleiniger Geschäftsführer der BVBA war im Streitjahr Herr A, der im Streitjahr zugleich auch als Prokurist der Klägerin bestellt war. A. war im Streitjahr mit erstem und einzigem Wohnsitz unter der Anschrift …. in Hessen gemeldet (Melderegisterauskunft Bl. 75 der Klageakte). Unternehmensgegenstand der BVBA war das Halten und Verwalten von Beteiligungen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die BVBA im Streitjahr keiner aktiven Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG nachging.
Die BVBA war zu 14% des Stammkapitals an der nach mexikanischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft SAB DE CV (im Folgenden: ,CV') beteiligt, deren Unternehmensgegenstand die Errichtung und Vermietung von Logistikimmobilien war und deren Sitz und Geschäftsleitung sich unstreitig in Mexiko befanden. Im Jahre 2009 schüttete die CV ihren im Wirtschaftsjahr 2008 erzielten Gewinn in Höhe eines Anteils von 1.206.000,- Euro an die BVBA aus, welche diesen Betrag noch im Jahre 2009 ohne Abschläge als eigenen Gewinn an die Klägerin ausschüttete. Nach dem zwischen den Beteiligten insoweit ebenfalls unstreitigen Sachverhalt entfielen die jeweiligen Dividenden nicht auf zurückgezahlte Einlagen. Aufgrund der am 13.07.2010 beim Beklagten (dem Finanzamt, im Folgenden: ,FA') eingereichten Gewerbesteuererklärung setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2009 durch Bescheid vom 02.09.2010 gegenüber der Klägerin auf 0,- Euro fest und stellte zugleich mit Bescheid vom ebenfalls 02.09.2010 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12.2009 i.H.v. 696.526,- Euro fest. Hierin berücksichtigte das FA die von der Klägerin selbst erklärte Hinzurechnung von 95% der Ausschüttung der BVBA i.H.v. 1.145.700,- Euro gemäß § 8 Nr. 5 GewStG i.V.m. den bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Klägerin angewandten Vorschriften nach §§ 8b Abs. 1 u. Abs. 5 KStG in der Fassung des Veranlagungszeitraums 2009 zum im Übrigen unstreitigen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Die Bescheide standen nach § 164 Abs. 1 AO ...