Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Steuerberatungskosten für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Sinne von § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Ermittlung eines nach § 17 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns angefallen sind, sind Veräußerungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG und mindern daher den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2021
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Steuerberatungskosten bei den Einkünften aus § 17 des Einkommensteuergesetzes in der im Jahr 2021 geltenden Fassung (EStG).
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (§§ 26, 26b EStG). In der gemeinsamen Steuererklärung für das Jahr 2021 (Streitjahr) vom 07.02.2023 erklärten sie Einkünfte der Klägerin aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 EStG in Höhe von … €. Die Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen in Höhe von … € wurden nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert (sogenannte Abgeltungsteuer).
Den Einkünften aus § 17 EStG lag zugrunde, dass die Klägerin am 03.09.2021 ihre in den Jahren 2009 und 2020 erworbenen Anteile an der A (Beteiligungsquote von 5,93%) an die B zu einem anteiligen Kaufpreis von … € veräußerte hatte. Als Kosten der Veräußerung machten die Kläger, neben Notarkosten, Fahrtkosten und Kosten der rechtlichen Beratung, auch Steuerberatungskosten in Höhe von … € geltend. Hierbei handelt es sich laut Kosten-Vorschuss/Rechnung Nr. … vom 16.01.2023 um die Gebühren aus der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Ehegatte) nach § 25 Abs. 1 der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) in Höhe von … € nebst anteiligen Auslagen gemäß § 16 bis 18 StBVV zuzüglich Umsatzsteuer. Zu den Einzelheiten wird auf die vorgelegte Berechnung des Veräußerungsgewinns sowie die Kopie der Rechnung des Steuerbüros (Bl. 32, 56 f. der Einkommensteuerakte) verwiesen.
Mit Bescheid vom 30.05.2023 setzte der Beklagte – unter Ansatz eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG in Höhe von … € – Einkommensteuer für 2021 in Höhe von … € fest. In den Erläuterungen des Bescheides heißt es: Die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zur Erstellung der Einkommensteuerklärung entstandenen Steuerberatungskosten können nicht als Veräußerungskosten berücksichtigt werden, da diese nicht durch die Anteilsveräußerung, sondern durch die Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen veranlasst sind. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aktenausfertigung des Bescheides (Bl. 63 ff. der Einkommensteuerakte) verwiesen.
Hiergegen legten die Kläger am 05.06.2023 Einspruch ein. Zur Begründung
trugen sie vor, die Steuerberatungskosten seien gewinnmindernd zu berücksichtigen, da diese ausschließlich angefallen seien, weil die Klägerin Einkünfte nach § 17 EStG erzielt habe. Der Begriff der Veräußerungskosten erfasse nicht nur diejenigen Aufwendungen, die in einer unmittelbaren sachlichen Beziehung zum Veräußerungsgeschäft stünden, sondern sämtliche Aufwendungen, die nach dem Veranlassungsprinzip der Veräußerung zuzurechnen seien. Insoweit werde auf das steuerrechtliche Schrifttum (beispielhaft Brandis/Heuermann/Vogt, EStG, Loseblatt, Stand 02/2023, § 17 Rdnr. 526) verwiesen.
Der Beklagte war dagegen der Ansicht, Veräußerungskosten seien nur solche Aufwendungen, die zur Durchführung der Anteilsveräußerung aufgewandt würden, z. B. Aufwendungen für die Prüfung und Beurkundung des Kaufvertrages oder zur Klärung steuerlicher Fragen im Zusammenhang mit der noch nicht durchgeführten Anteilsveräußerung. Die streitgegenständlichen Steuerberatungskosten gehörten nicht hierzu, da sie lediglich der Erfüllung einkommensteuerlicher Verpflichtungen dienten. Da nur ein mittelbarer sachlicher Zusammenhang mit der Veräußerung der Anteile bestehe, erfüllten die Aufwendungen nicht die Definition der Veräußerungskosten nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 09.10.2012 IX R 25/12. Ergänzend verwies der Beklagte auf die Urteile des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 05.02.2014 4 K 2523/09 und des Hessischen FG vom 27.10.2020 11 K 1675/17 (nicht veröffentlicht, neutralisierte Ausfertigung s. Bl. 63 ff. der Gerichtsakte 10 V 695/23).
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 08.08.2023 10 V 695/23 die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides ausgesetzt, soweit die streitgegenständlichen Aufwendungen darin nicht berücksichtigt wurden. In den Gründen seiner Entscheidung führte der Senat aus, entgegen der Ansicht des Beklagten sei die Qualifizierung von einkünftebezogenen Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten im Sinne des § 17 EStG ernstlich zweifelhaft. Zu den Einzelheiten der Entscheidung wird auf die Aktenabschrift des Beschlusses (Bl. 52 ff der Gerichtsakte 10 V 695/23) verwiesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 08.11.2023, zugestellt am 09.11.2023, wies der ...