Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Grundvermögen.. Anforderungen an ein Verkehrswertgutachten
Leitsatz (redaktionell)
- Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb eingestellt und werden die dazugehörigen Ländereien verpachtet, endet für den Wohnteil die Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, während das Grundstück in dem Umfang, in dem es bisher dem Wirtschaftsteil zuzuordnen war, weiterhin zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, sofern es nach der Betriebseinstellung keiner anderen Zweckbestimmung zugeführt wird.
- Der Nachweis für einen geringeren Grundstückswert nach § 146 Abs. 7 BewG ist erbracht, wenn die Behörde und gegebenenfalls das Gericht einem vorgelegten Wertgutachten ohne Einschaltung bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann; dies ist regelmäßig bei einem sachverständigen Gutachten der Fall, das den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung vom 6.12.1988 entspricht und in sich plausibel ist.
- Nimmt ein Sachverständiger Abschläge vom Bodenwert vor, müssen diese objektivierbar und grundstücksbezogen begründet sein und die örtlichen Gegebenheiten konkret darlegen; dazu ist ein Vergleich mit den Grundstücken anzustellen, die der Gutachterausschuss bei der Ermittlung des Bodenrichtwertes zu Grunde gelegt hat.
- Wird im Sachverständigengutachten der Bodenwert um etwaige Abbruchkosten gemindert, ist es nicht zulässig nur den Saldo zwischen Bodenwert und Abbruchkosten einzusetzen, wenn das auf dem Grundstück stehende Gebäude noch einen positiven Ertragswert hat.
- Die Wertermittlung eines Grundstücks darf sich nicht ausschließlich auf das Ertragswertverfahren stützen, hinzukommen muss auch die Bereitschaft des Eigentümers das Grundstück zu einem den Renditeerwartungen entsprechenden Preis zu verkaufen.
Normenkette
BewG § 138 Abs. 2-3, § 146 Abs. 7
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Die Beteiligten haben zunächst nur darüber gestritten, ob der für Zwecke der Erbschaftsteuer festgestellte Grundbesitzwert den für den Regelfall einschlägigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (hier: zum Ertragswert bzw. zum Mindestwert) entspricht. Später ist auch die Frage streitig geworden, ob ein Sachverständigengutachten, das die Klägerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgelegt hat, geeignet ist, für das hier betroffene Grundstück einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Gegenstand des Rechtsstreits ist das Grundstück S-Straße in T (Gemarkung … Flur-Nr. … Flurstück-Nr. …) mit einer Fläche von 1.873 m². Es grenzt an seiner nördlichen Seite an eine Grünfläche, die ihrerseits am Ufer der … (einem Gewässer …. Ordnung) liegt. Ein Teil dieser Grünfläche hatte in früherer Zeit zu dem hier betroffenen Grundstück gehört, war dann aber durch notariellen Vertrag vom 28.09.1982 im Wege des Tausches an die Stadt T veräußert worden. Das Grundstück ist bebaut mit einem zweigeschossigen Wohnhaus sowie mit mehreren Nebengebäuden, in die in früheren Zeiten zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt worden waren. Wegen der Einzelheiten wird auf die in den Akten befindlichen Lagepläne (u.a. Bl. 29 der Grundbesitzwert-Akte sowie Bl. 187 und Bl. 200 der Gerichtsakte) und auf das Übersichtsbild von „Google Earth” in der Anlage zu der Stellungnahme des Sachverständigenbüros V vom 18.03.2013 Bezug genommen.
Das Wohnhaus war von der damaligen Eigentümerin, Frau L, der Mutter der Klägerin (im Folgenden: Erblasserin), bis zu ihrem Tod am ...11.2002 zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden. Seit dem 01.08.2005 ist es vermietet. In der Zwischenzeit stand es leer.
Die Erblasserin war am ...11.2002 verstorben. Sie wurde beerbt zu je 1/3 von der Klägerin, deren Schwester, Frau C, sowie deren Nichte, Frau J. Wegen der Verteilung des Nachlasses führten die Klägerin und Frau C einerseits gegen Frau J andererseits vor dem Amtsgericht … und dem Landgericht … einen Rechtsstreit. Der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich am 20.02.2004 beendet. Darin einigten sich die Beteiligten u.a. dahingehend, dass das Grundstück S-Sraße im Wege der Teilungsanordnung der Klägerin zufallen sollte.
Mit Schreiben vom 16.03.2005 forderte das für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt … das hier beklagte Finanzamt … (im Folgenden: Finanzamt) auf, auf den Todestag der Erblasserin den Grundbesitzwert für das Grundstück festzustellen. Dem Schreiben fügte es eine Kopie der (das vorgenannte Grundstück betreffenden) Anlage „Grundstückswert” zur Erbschaftsteuererklärung bei. Dort war unter der Rubrik „Angaben zum Grund und Boden” eingetragen: 1.300 m² (Fläche des Grundstücks), 169,00 € Bodenrichtwert); 573 m² (Fläche des Grundstücks), 1,28 € (Bodenrichtwert), Ackerland.
Das Finanzamt erließ unter dem Datum vom 31.03.2005 einen Bescheid, durch den es für das Grundstück den Grundbesitzwert auf den 10.11.2002 für Zwecke der Erbschaftsteuer auf 264.000,00 € feststellte. Der Berechnung des Grundbesi...