rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für Kinder, die die Schulzeit im Ausland verbringen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei Auslandsaufenthalten von Kindern steht eine vorübergehende räumliche Trennung von der inländischen Wohnung zum Zwecke der Schul- oder Berufsausbildung der Beibehaltung des Wohnsitzes zumindest dann nicht entgegen, wenn der Auslandsaufenthalt nicht mehr als ein Jahr dauert.
  2. Wird ein sechsjähriges Kind zum Zwecke des Schulbesuchs ins Ausland geschickt (hier: Türkei) hat das Kind seinen Wohnsitz im Inland grundsätzlich aufgegeben. Damit entfällt der Kindergeldanspruch.
  3. Dies gilt auch dann, wenn sich das Kind in den Ferien in der elterlichen Wohnung im Inland aufhält und beabsichtigt ist, dass das Kind nach Erreichen des Schulabschlusses wieder nach Deutschland zurückkehrt
 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1 S. 3; AO § 8

 

Streitjahr(e)

2004, 2005

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Kindergeld für seine drei Kinder, nämlich den Sohn Y (geboren 1988), den Sohn K (geboren 1993) und die Tochter S (geboren 1998). Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Auffassung der Beklagten (der Familienkasse), die vorgenannten Kinder hätten seit dem Monat August 2004 bzw. seit dem Monat August 2005 in Deutschland keinen Wohnsitz mehr und deshalb sei der Anspruch des Klägers auf Kindergeld insoweit entfallen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger hält sich seit etwa 31 Jahren in Deutschland auf. Im Jahr 1998 hat er zusammen mit seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Auf eine entsprechende Anfrage erhielt die Familienkasse im Laufe des Jahres 2006 die Mitteilung, seit dem Monat September 2005 hielten sich die Kinder des Klägers zum Schulbesuch in der Türkei auf. Aufgrund dieser Mitteilung erließ sie am 01.02.2007 einen Bescheid, durch den sie die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung ab dem Monat Oktober 2005 für alle drei Kinder aufhob und das für den Zeitraum von Oktober 2005 bis September 2006 ausgezahlte Kindergeld zurückforderte. Zur Begründung führte sie aus: Die Kinder könnten nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten.

Unter dem Datum vom 18.02.2007 richtete der Kläger ein Schreiben an die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Hessen – Familienkasse) in …, in dem er in einer sehr schwer verständlichen Sprache Einwendungen im Zusammenhang mit der Rückforderung von Kindergeld erhob. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 150 der Kindergeldakten Bezug genommen.

In der Folgezeit führte die Familienkasse wegen des Aufenthalts der Kinder des Klägers weitere Ermittlungen durch. Dabei stellte sie fest, dass die beiden Söhne, Y und K, seit dem Monat August 2004 in Deutschland nicht mehr die Schule besucht haben und dass die Tochter S zu Beginn des Schuljahres 20005/20006 nicht zur Einschulung erschienen ist. Hierauf erließ sie am 07.09.2007 einen Bescheid, in dem sie betreffend die Söhne Y und K auch für die Monate August 2004 bis September 2005 die Kindergeldfestsetzung aufhob und das insoweit ausgezahlte Kindergeld zurückforderte sowie betreffend die Tochter S für die Monate August und September 2005 die Kindergeldfestsetzung aufhob und das insoweit ausgezahlte Kindergeld zurückforderte. Zur Begründung verwies sie wiederum auf das Fehlen eines Wohnsitzes in Deutschland, und zwar für die beiden Söhne ab dem Monat August 2004 und für die Tochter ab dem Monat 2005.

Mit Schreiben vom 14.09.2007 legte die Prozessbevollmächtigte im Namen des Klägers gegen den Bescheid vom 07.09.2007 Einspruch ein. Bereits im Rahmen der Ermittlungen, die dem Bescheid vorangegangen waren, hatte sie sich durch mehrere Schreiben, u.a. durch Schreiben vom 30.07.2007, im Namen des Klägers gegen die Auffassung der Familienkasse gewandt, die Kinder hätten während des hier fraglichen Zeitraums keinen Wohnsitz mehr in Deutschland.

Die Familienkasse erließ unter dem Datum vom 07.12.2007 zwei Einspruchsentscheidungen. In der den Bescheid vom 01.02.2007 betreffenden Entscheidung verwarf sie den Einspruch als unzulässig. Zur Begründung führte sie u.a. aus: Der Kläger habe die Einspruchsfrist nicht eingehalten. Das den Einspruch betreffende Schreiben der Prozessbevollmächtigten sei erst am 30.07.2007 eingegangen. In der den Bescheid vom 07.09.2007 betreffenden Entscheidung wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus: Die Kinder des Klägers lebten in der Türkei und hätten deshalb ihren Wohnsitz außerhalb von Deutschland. Bei einem Kind ausländischer Staatsangehörigkeit, das minderjährig und im Heimatland bei Verwandten untergebracht sei sowie dort die Schule besuche, habe der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung ein Fortbestehen des inländischen Wohnsitzes verneint, wenn sich das Kind nur während der Schulferien bei den Eltern in Deutschland aufhalte.

Gegen die Einspruchsentsc...

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