Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Dienstreise und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer mehrere ortsfeste Betriebsstätten seines Arbeitgebers ständig und regelmäßig aufsucht.
- Wird ein Arbeitnehmer als Personalreserve in verschiedenen Kindergärten eingesetzt, liegen jeweils Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielte die Klägerin Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Sie ist seit 19... bei der Stadt … als Erzieherin beschäftigt. Ab 2001 wird sie als sogenannte Personalreserve je nach Bedarf bei krankheitsbedingten oder urlaubsbedingten Ausfällen in den verschiedenen Kindergärten der Stadt … eingesetzt.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin für die Fahrten von ihrer Wohnung zu den jeweiligen Kindergärten lediglich die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung oder aber Fahrtkosten nach den für Dienstreisen geltenden Grundsätzen beanspruchen kann.
Im Rahmen ihrer Steuererklärung 2003 machte die Klägerin 3.874 € als Werbungskosten nach den für Dienstreisen geltenden Grundsätzen für ihre Fahrten vom Wohnort zu den verschiedenen Kindertagesstätten der Stadt … (6.456 Entfernungskilometer x 2 x 0,30 €) geltend. Die einzelnen Entfernungen zwischen dem Wohnort der Klägerin und den Kindergärten betrugen zwischen … und … Kilometer ( mehr als 20 Km bis 40 Km ). Im Einzelnen wird auf die mit der Steuererklärung vorgelegten monatlichen Arbeitszeitzusammenstellungen verwiesen. Aus diesen Zusammenstellungen ergibt sich, dass die Klägerin z. T. für mehrere Wochen in einem Kindergarten eingesetzt wurde, gelegentlich aber auch nach nur einem oder zwei Tagen wieder in einem anderen Kindergarten ihre Arbeitsleistung zu erbringen hatte. Im Streitjahr hat die Klägerin an 89 Tagen im Kindergarten …, an 47 Tagen im Kindergarten … und an jeweils 24 Tagen im Kindergarten … und … gearbeitet ( jeweils Ortsteile von …).
Im Steuerbescheid vom 27. Dezember 2004 berücksichtigte der Beklagte lediglich 2.197 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach den Regelungen der Entfernungspauschale. Auf die Zusammenstellung der Fahrten im Steuerbescheid wird Bezug genommen.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger wurde durch Einspruchsentscheidung vom 17. November 2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Kindergärten, die die Klägerin aufgesucht habe, als regelmäßige nebeneinander bestehende Arbeitsstätten zu beurteilen seien. Der Klägerin stehe für die Fahrten vom Wohnort zu den unterschiedlichen Arbeitsstätten daher nur die Entfernungspauschale zu. Dass im Vorjahr der Sachverhalt bei der Veranlagung anders gehandhabt worden sei, führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Wegen der Abschnittsbesteuerung sei man an die Handhabung in 2002 nicht gebunden. Im Einzelnen wird auch auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der nach wie vor geltend gemacht wird, für die Fahrten zwischen Wohnung und den verschiedenen Kindergärten Werbungskosten nach den für Dienstreisen geltenden Grundsätzen steuerlich anzuerkennen.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Klägerin wegen des immer wechselnden Tätigkeitsortes keine regelmäßige Arbeitsstätte habe, sondern vielmehr einer Einsatzwechseltätigkeit nachgegangen sei. Auf Grund der immer wechselnden Beschäftigung in den verschiedenen Kindergärten der Stadt … habe sie nicht die Möglichkeit gehabt, die Fahrtaufwendungen durch eine entsprechende Wohnungssuche zu bestimmen. Als Mitarbeiterin der Personalreserve sei der Einsatzort immer davon abhängig, an welchen Kindergärten Personalengpässe entstünden und daher eine Vertretung erforderlich sei. Insoweit sei sie einem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterworfen, welches dazu führe, dass sie sich einem ständigen Wechsel ihres Einsatzortes nicht entziehen könne. Der Wechsel des Einsatzortes sei für die von ihr ausgeübte Tätigkeit geradezu typisch. Ihre Rechtsansicht werde durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1987 VI R 6/86 in Bundessteuerblatt (BStBl) II 1988, 443 bestätigt, in der der BFH von einer Einsatzwechseltätigkeit eines Mitarbeiters einer Betriebsreserve einer Bank ausgegangen sei. Außerdem könne auch nicht von einem nachhaltigen und dauerhaften Aufsuchen der Kindergärten ausgegangen werden, da nicht feststehe, in welchen Kindergärten der Stadt … die Klägerin demnächst eingesetzt werde. Da es sich weder bei einem Stadtgebiet noch bei einem gesamten Hafengebiet, so die Rechtsprechung des BFH, um ein einheitliches weiträumiges Arbeitsgebiet handele, ü...