Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtgestellung der Ware bei Nichtvorlage des Versandscheins

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Geht beim externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens bei der Abgangsstelle kein Rückschein ein und führt das Suchverfahren zu keiner Klärung des Verbleibs der Ware, so ist zwingend anzunehmen, dass die Ware nicht ordnungsgemäß wiedergestellt worden ist, es sei denn es wird ein Alternativnachweis erbracht.
  2. Unterbleibt die Vorlage des Versandscheins T1 aus dem zuvor eröffneten Versandverfahren, auch wenn nur versäumt wird, am Bestimmungsflughafen den Versandschein T1 vorzulegen, tritt die Entziehungswirkung ein nun.
  3. Mangels ordnungsgemäßer Gestellung am Bestimmungsflughafen wegen fehlenden Vorlage des Versandscheins ist das Versandgut nur dann nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen, wenn die Ware zu einem späteren Zeitpunkt einer Zollstelle unter Vorlage des Versandscheins T1 (wieder-)gestellt und das Versandverfahren damit - ggf. verspätet - beendet wird.
  4. Während eine Entziehung der Ware aus der zollamtlichen Überwachung durch den Pflichteninhaber zumindest regelmäßig, wenn nicht stets, auch einen Pflichtenverstoß i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. d ZollschuldVO darstellt, ist bei Weitem nicht jede Pflichtverletzung auch ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ZollschuldVO .
  5. Die beiden Tatbestände nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d ZollschuldVO und Buchstabe c sind als gleichrangig nebeneinanderstehende Tatbestände anzusehen.
 

Normenkette

RL 1179/623/EWG (ZollschuldVO) Art. 2 Abs. 1 c; VersandVO Art. 11 Abs. 1; ZollschuldVO Art. 2 Abs. 1 d; ZollschuldVO Art. 4 Abs. 1 UA 1

 

Streitjahr(e)

1993

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der…GmbH, ..., die von dem mit Ablauf des 31.12.2001 aufgehobenen Hauptzollamt (HZA)…auf Zahlung der Eingangsabgaben aufgrund eines nicht erledigten externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens für eine nach Eröffnung des Versandverfahrens in ein Flugzeug verladene Ware in Anspruch genommen wurde.

Die GmbH ..., die im April 1993 in…GmbH umfirmierte, eröffnete als zugelassener Versender am 02.03.1993 in…ein T1-Verfahren für einen Karton „andere Teile von Gasturbinen” (Warennummer 8411 9990). Die Ware befand sich nach den Angaben in der Versandanmeldung zuvor im Zollagerverfahren. Die…GmbH war Anmelderin und Hauptverpflichtete. Bestimmungsstelle sollte das Zollamt…(VK) sein. Als Empfänger der Ware war in der Versandanmeldung…. in „...” eingetragen.

Auf dem Lieferschein befinden sich zwei Anschriften des Warenempfängers. Neben der in der Versandsanmeldung angegebenen Adresse in ...., wohin die Ware auch laut Lieferschein befördert werden sollte, wird im Anschriftenfeld unter dem Namen des Empfängers „...” angeführt. Diese Anschrift deckt sich mit der Adresse der…in der Sache 7 K 3159/99.

Zwar wurde in der Versandanmeldung als Beförderungsmittel beim Abgang „Flugzeug” und als Verkehrsweg „Luftverkehr” angegeben. Tatsächlich wurde die Ware nach dem Vortrag der Klägerin und den Angaben in den Frachtunterlagen zunächst mit Lastkraftwagen von…nach…befördert und dort in ein Flugzeug der Fluggesellschaft…verladen. Beauftragter Spediteur war die Firma…GmbH.

Das Versandverfahren wurde nicht erledigt, da bei der Abgangsstelle, dem HZA , kein Rückschein einging. Die zuständige Zentralstelle Such- und Mahnverfahren (ZSM) des HZA…schrieb daraufhin am 18.11.1993 die…GmbH als Hauptverpflichtete mit Vordruck 0345 („Nichterledigung von Versandverfahren”) an und forderte sie unter Hinweis auf die Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts (§ 90 der Abgabenordnung) auf, bis zum 09.12.1993 den Vordruck 0346 (Antwort an die Abgangsstelle) auszufüllen und unterschrieben zurückzusenden. Beweisunterlagen über den Abschluß des Versandverfahrens oder den Verbleib der Waren seien ggf. beizufügen. In dem Vordruck 0346 wird der Hauptverpflichtete danach gefragt, ob die Waren erneut gestellt oder einer Zollbehandlung zugeführt worden sind und, falls dies nicht geschehen ist, wo die Sendung verblieben ist.

Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.

Auf die Suchanzeige vom 27.07.1994 erhielt die ZSM von der britischen Zentralstelle in…am 18.11.1994 zunächst die Mitteilung, dass Ermittlungen angestellt würden, und am 02.03.1995 die weitere Mitteilung, dass die Sendung dort nicht gestellt und auch der zugehörige Versandschein nicht vorgelegt worden sei; über den Verbleib habe nichts in Erfahrung gebracht werden können.

Mit Schreiben vom 03.03.1995 (Vordruck 0358 „Verbleib von Versandgut”, Bl. 8 der Besteuerungsakte), zur Post gegeben am selben Tag, teilte die ZSM der Hauptverpflichteten mit, dass das Versandgut der Bestimmungsstelle nicht gestellt worden sei, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Zuwiderhandlung als in der Bundesrepublik Deutschland begangen gelte, falls nicht binnen drei Monaten die ordnungsgemäße Erledigung des Versandverfahrens oder der tatsächliche Ort der Zuwiderhandlung nachgewiesen werde. Die…GmbH übersandte daraufhin unter dem 1...

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