rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Hinterziehungszinsen bei Zusammenveranlagung gegen nur einen Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Erhebung von Hinterziehungszinsen hat das Finanzamt zwar keinen Ermessensspielraum für die Zinsfestsetzung, wohl aber ein Auswahlermessen gegenüber welchem Steuerpflichtigen es bei Gesamtschuldnern die Hinterziehungszinsen festsetzt.
- Durch die alleinige Inanspruchnahme als Zinsschuldner wird diesem Steuerpflichtigen nicht die Möglichkeit genommen, als Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB im Innenverhältnis Rückgriff zu nehmen.
Normenkette
AO §§ 44, 155 Abs. 3 S. 1, § 235 Abs. 1; VStG § 14 Abs. 1; BGB § 426
Streitjahr(e)
1988
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht vorrangig Streit über die Frage, ob ein Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Vermögensteuer wirksam bekannt gegeben worden ist, und hilfsweise über die Frage, ob im Rahmen der Zusammenveranlagung zur Vermögensteuer die Festsetzung von Hinterziehungszinsen gegenüber beiden Ehegatten erfolgen muss. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger hatte im Jahre 1994 gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt) wegen Hinterziehung von Einkommensteuer und Vermögensteuer für die Jahre 1988 bis 1993 eine Selbstanzeige erstattet. Im Rahmen der Veranlagung zur Vermögensteuer hatte das Finanzamt sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber seiner damaligen Ehefrau entsprechende Steuerfestsetzungsbescheide erlassen. Dazu hatte es im Adressfeld der mittels EDV erstellten Bescheidausfertigung den Namen des jeweils nicht betroffenen Ehegatten geschwärzt und stattdessen mit Schreibmaschine folgenden Zusatz eingefügt: „Für Herrn A. B. und Frau C. E. gesch. B. „.
Mit Schreiben vom ...08.1997 teilte das Finanzamt … dem beklagten Finanzamt mit, das gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren sei inzwischen eingestellt worden, nachdem durch die Zahlung der hinterzogenen Steuern die strafbefreiende Wirksamkeit der Selbstanzeige herbeigeführt worden sei. Dem Schreiben fügte es eine Anlage bei, in der die für die einzelnen Jahre hinterzogenen Beträge aufgelistet sind, so betreffend die Vermögensteuer für das Jahr 1988 der Betrag von … DM. Auf dieser Grundlage erließ das beklagte Finanzamt unter dem Datum vom ...10.1997 einen Zinsbescheid für hinterzogene Steuern über einen Betrag von … DM. Dabei gab es als Adressaten des Bescheids ausschließlich den Kläger an.
Im Namen des Klägers legte dessen damaliger Steuerberater gegen den Zinsbescheid Einspruch ein (Schreiben vom ...11.1997). Dabei vertrat er zunächst die Auffassung, die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sei nicht gerechtfertigt, weil das gegen den Kläger eingeleitete Steuerstrafverfahren eingestellt und damit rechtskräftig festgestellt sei, dass eine Steuerhinterziehung nicht vorliege. Später machte er geltend, es sei verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob nach dem Wegfall der Vermögenssteuerpflicht nachträglich noch Bescheide über die Festsetzung von Vermögensteuer sowie von Hinterziehungszinsen zur Vermögensteuer für Zeiträume vor dem 01.01.1997 erlassen werden dürften. Im Hinblick auf die Diskussion, die damals zu der Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum geführt wurde, ordnete das Finanzamt das Ruhen des Einspruchsverfahrens an.
Im Laufe des weiteren Verfahrens teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte dem Finanzamt mit, er habe von dem früheren Steuerberater des Klägers, der inzwischen verstorben sei, das Mandat übernommen (Schreiben vom ...12.2003). Zur Begründung des Einspruchs führte er an, der Kläger habe in Bezug auf die Verkürzung von Vermögensteuer nicht vorsätzlich gehandelt, weil er über eine entsprechende Erklärungspflicht keine Kenntnis gehabt habe. Verfassungsrechtliche Einwendungen gegen die Festsetzung der Hinterziehungszinsen machte er nicht mehr geltend. Nachdem das Finanzamt – u.a. mit dem Hinweis auf den Beruf des Klägers (…) – mehrfach das Vorliegen eines Hinterziehungsvorsatzes dargelegt hatte, trug der Prozessbevollmächtigte Folgendes vor: Der Zinsbescheid sei nicht rechtswirksam bekannt gegeben. Der dem Zinsbescheid zu Grunde liegende Vermögensteuerbescheid richte sich gegen den Kläger und seine frühere Ehefrau. Dementsprechend hätte der Zinsbescheid nicht nur gegenüber dem Kläger ergehen dürfen, sondern vielmehr auch gegen die frühere Ehefrau des Klägers gerichtet sein müssen.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus: Der Kläger habe die Merkmale einer Steuerhinterziehung sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Das Vorliegen eines Hinterziehungsvorsatzes ergebe sich für den Kläger aus seiner beruflichen Stellung sowie aus seinen Vermögensverhältnissen. Der Zinsbescheid sei – entgegen den Einwendungen des Klägers – ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Der Kläger habe in Anbetracht der Tatsache, dass er neben seiner früheren Ehef...