vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 19/17)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Unterbringung eines Angehörigen in einem Pflegeheim nach § 35a EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 S. 1 kann auch für Pflege und Betreuungsleistungen in einem Seniorenwohnheim in Anspruch genommen werden, soweit dort ein eigener Haushalt des Bewohners vorliegt.
- Ein eigener Haushalt liegt vor, wenn die Räumlichkeiten von ihrer Ausstattung her für eine eigenständige abgeschlossene Haushalts-und Wirtschaftsführung des Bewohners geeignet sind. Dazu muss die Wohnung Bad, Küche, Wohn-und Schlafbereich umfassen, individuell genutzt werden können und abschließbar sein.
Normenkette
EStG § 35a Abs. 2
Streitjahr(e)
2013
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterbringung der Mutter des Klägers zu 2.) in einem Pflegeheim steuerlich zu berücksichtigen sind.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2013 machten die Kläger als zusammenveranlagte Ehegatten - soweit vorliegend von Interesse – Aufwendungen für deren Mutter/Schwiegermutter „für die Wohnung in der Seniorenresidenz …” für den Veranlagungszeitraum 2013 gemäß § 35a des Einkommensteuergesetzes - EStG – in folgender Höhe geltend.
September |
1.116,72 € |
Oktober |
1.282,16 € |
November |
1.240,80 € |
Dezember |
1.282,16 € |
Summe |
4.921,84 € |
Beigefügt war ein Wohn- und Betreuungsvertrag vom 29. 08.2013 und Rechnungen der Residenz … .
Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom 21.08.2014 wurden die geltend gemachten Aufwendungen für das Pflegeheim nicht berücksichtigt.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch mit der Begründung ein, dass die Belege dem Finanzamt vorgelegen hätten und die Rechnungen durch die Kläger bezahlt worden seien. Der Beklagte entgegnete, dass ein Abzug gemäß § 35a EStG nicht in Betracht komme, da nicht die Kläger, sondern deren Mutter/Schwiegermutter Rechnungsempfängerin gewesen sei. Die Kläger ließen daraufhin die Rechnungen dergestalt ändern, dass nunmehr der Kläger zu 2.) als Rechnungsempfänger ausgewiesen war.
Nach weiterem Schriftverkehr zur Anwendung des § 35a EStG setzte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.01.2016 (Bl. 13 der Gerichtsakten) die Einkommensteuer von … € auf … € aus vorliegend nicht streitigen Gründen herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zwar stehe, so der Beklagte, nach Tz. 10 des Anwendungsschreibens des BMF zu § 35a EStG vom 10.01.2014 neben der pflegebedürftigen Person auch anderen für die Betreuungsleistungen aufkommenden Personen die Ermäßigung zu. Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 1-3 EStG gelte auch, wenn sich der Haushalt in einem Alten- oder Pflegeheim befinde. Vorliegend unterhalte die Pflegeperson jedoch keinen Haushalt im Altenheim. Eine selbständige Haushalts- und Wirtschaftsführung sei in dem Einbettzimmer der Seniorenresidenz … aufgrund der fehlenden eigenen Küche oder zumindest einer Kochgelegenheit nicht möglich. Ein Abzug der Aufwendungen für die Pflege- und Betreuungsleistungen der Mutter als Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 S. 2 HS 1 EStG scheide daher aus. Auch § 35a Abs. 2 S. 2 HS 2 EStG sei nicht einschlägig. Zwar sei nach dieser Norm das Vorhandensein eines eigenen Haushalts im Heim oder an dem Ort der dauernden Pflege in diesem Fall nach dem BMF-Schreiben vom 10.01.2014, BStBl. I 2014, 75, Tz. 14, nicht erforderlich. Voraussetzung sei allerdings, dass die Aufwendungen dem Steuerpflichtigen entstünden. Es müsste sich somit um eigene Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Unterbringung in einem Heim handeln. Daran fehle es vorliegend, da nicht die Mutter, sondern ihr Sohn die Aufwendungen trage.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr Ziel weiter verfolgen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten, so die Kläger, führe die Mutter einen eigenen Haushalt im Pflegeheim. Nach Tz. 16 des Anwendungsschreibens des BMF zu § 35a EStG vom 10.01.2014 sei ein Haushalt in einem Heim gegeben, wenn „die Räumlichkeiten des Steuerpflichtigen nach ihrer Ausstattung für eine Haushaltsführung geeignet sind (Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich), individuell genutzt werden können (Abschließbarkeit) und eine eigene Wirtschaftsführung des Steuerpflichtigen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werde”. Da auf jeder Etage der Seniorenresidenz Wohnküchen vorhanden seien, in denen individuell und nach den persönlichen Wünschen Essen zubereitet werden könne, sei von einem Haushalt auszugehen; das Fehlen einer Küche im Zimmer selbst sei unschädlich. So habe das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 12.09.2012 (3 K 3887/11) entschieden, dass ein 49 m² großes Apartment zur selbständigen Haushalts- und Wirtschaftsführung geeignet sei, auch wenn dieses „nur” über eine Kochmöglichkeit und nicht über eine Küche verfüge. Dies sei vorliegend der Fall.
Auf gerichtlichen Hinweis, ...